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Mehr Personal für Geheimdienste

15. November 2015

Verfassungsschutz und BND stellen hunderte neue Mitarbeiter ein. Die sollen sich unter anderem der Terrorbekämpfung widmen – aber auch dem Rechtsextremismus, der den Behörden zunehmende Sorgen bereitet.

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Die neue Zentrale des BND in Berlin (Foto: dpa)
Die neue Zentrale des BND in BerlinBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Die Bundesregierung stockt die Geheimdienste nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" um insgesamt fast 500 Stellen auf. Der Bundesnachrichtendienst (BND) bekomme 225 zusätzliche Stellen, davon 125 für die Terrorismusbekämpfung. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhält dem Bericht zufolge einen zweiten Vizepräsidenten und 250 zusätzliche Stellen. 150 von ihnen würden für die Bekämpfung des Rechtsextremismus eingestellt, davon 43 für die Observation.

Das habe das Vertrauensgremium, ein geheim tagender Ausschuss des Bundestages für die Haushalte der Geheimdienste, bereits am vergangenen Donnerstag beschlossen, schreibt die Zeitung. "Es ist absolut notwendig, dass wir angesichts der Terrorgefahr durch Islamisten und Rechtsradikale unsere Geheimdienste personell verstärken", zitierte die "Bild am Sonntag" ein namentlich nicht genanntes Mitglied der großen Koalition.

Sicherheitsvorkehrungen verschärft

Als Reaktion auf die Anschlagsserie in Paris beschloss die Bundesregierung zudem, die Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland deutlich zu verschärfen. Dazu gehören nach Angaben von Innenminister Thomas de Maizière eine stärkere Präsenz bewaffneter Polizisten an Bahnhöfen und Flughäfen sowie mehr Kontrollen an der deutsch-französischen Grenze. Die Gefährdungslage in Deutschland sei hoch und die Bundesrepublik stehe unverändert im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus, sagte de Maizière nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts.

Ausgebrannte Gebäude im thüringischen Eheleben, die als Flüchtlingsunterkünfte geplant waren (Archivbild vom September: dpa)
Ausgebrannte Gebäude im thüringischen Eheleben, die als Asylunterkünfte geplant waren (Archivbild vom September)Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

Im Zuge der Pariser Anschläge forderte die Bundesregierung die Länder außerdem zu einem besseren Schutz der Flüchtlingsunterkünfte auf. Grund seien Befürchtungen, dass Rechtsextremisten die Attentate in der französischen Hauptstadt als Begründung für Anschläge missbrauchen könnten, berichtete die "Mitteldeutsche Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise. Innenminister de Maizière habe darauf verwiesen, dass es bereits "ein erschreckendes Ausmaß von Anschlägen gegen Asylbewerber" gebe.

Hunderte Straftaten gegen Flüchtlinge

Allein im dritten Quartal dieses Jahres gab es dem Bundeskriminalamt zufolge mit 285 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte mehr Delikte als im gesamten ersten Halbjahr und auch mehr als im ganzen vergangenen Jahr.

In der Nacht brannte auf Usedom eine geplante Flüchtlingsunterkunft aus. Wie die Polizei in Neubrandenburg mitteilte, ging das ehemalige Bürogebäude in Trassenheide aus noch ungeklärter Ursache in Flammen auf. 15 Flüchtlinge sollten ab Mitte kommender Woche in den vier frisch hergerichteten Wohnungen leben. Das Gebäude sei nun nicht mehr bewohnbar, hieß es weiter.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hatte am Samstag vor einer Radikalisierung der Gesellschaft gewarnt. "Gewalt gegen Flüchtlinge geht auch von Bürgern aus, die vorher nicht als Rechtsextremisten aufgefallen sind", sagte Maaßen den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. Es bestehe die Gefahr, dass Leute, die vorher demokratische Parteien gewählt haben, sich radikalisieren. "Wir nehmen eine zunehmende Militanz in der bürgerlichen Mitte wahr", erläuterte der Behördenchef.

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen (Foto: dpa)
Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg MaaßenBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Werben um die Neuankömmlinge

In dem Interview äußerte Maaßen zudem die Sorge, dass Islamisten in Deutschland versuchen, Flüchtlinge in ihre Netzwerke einzubinden. "Wir stellen fest, dass Islamisten in Aufnahmeeinrichtungen gezielt Kontakte mit Flüchtlingen aufnehmen", sagte Maaßen. Dem Verfassungsschutz seien bereits mehr als hundert derartige Fälle bekannt.

Die Zahl der aus Deutschland stammenden islamistischen Gefährder schätzten die Behörden indessen als konstant ein. Das berichtete die "Berliner Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise. Demnach liegt die Zahl bei rund 300 und damit ziemlich genau so hoch wie Anfang des Jahres, als in Paris die erste Anschlagsserie von Islamisten stattfand.

stu/SC (afp, dpa)