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Deutsche Industrie bremst bei Klimazielen

13. Dezember 2010

Deutsche Politiker und Umweltverbände haben die Ergebnisse des UN-Klimagipfels in Cancun als Fortschritt gewertet. Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnt dagegen vor einem einseitigen Vorpreschen der EU.

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RWE-Braunkohlekraftwerks Neurath bei Grevenbroich (Foto: dpa)
Die Industriestaaten haben sich verpflichtet, ihre Treibhausgase reduzierenBild: picture-alliance/ dpa

Die deutsche Industrie hat nach dem Klima-Kompromiss von Cancun Europa zur Zurückhaltung aufgerufen. Cancun sei zwar ein wichtiger Schritt, aber letztlich nur ein Trippelschritt zu einem weltweiten Klimaabkommen, wie es die deutsche Industrie einfordert. Es sei daher wichtig, dass die Europäische Union nicht einseitig weiter vorpresche, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf am Sonntag (12.12.2010) in Berlin.

"Die EU kann dann ihr Treibhausgas-Reduktionsziel auf 30 Prozent aufstocken, wenn sich auch alle anderen Industrie- und Schwellenländer auf ehrgeizige Reduktionsziele und Emissionsobergrenzen verpflichten", betonte Schnappauf. "Sonst verlieren wir in Europa und vor allem in Deutschland moderne Produktionsanlagen und Jobs, ohne den weltweiten Klimaschutz auch nur ein Stück voranzubringen."

Röttgen: Großer Erfolg ... aber unzureichend

Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf(Archivfoto: dpa)
Gegen ein einseitiges Vorpreschen der EU beim Klimaschutz: BDI-Hauptgeschäftsführer SchnappaufBild: dpa

Bundesumweltminister Norbert Röttgen dagegen bezeichnete den Klimagipfel in Cancun als sehr großen Erfolg für den Klimaschutz. Das gesamte Paket sei angenommen worden. Damit entstehe wieder Vertrauen in den UN-Prozess. "Zum ersten Mal ist das Zwei-Grad-Ziel offiziell von der Weltgemeinschaft anerkannt worden", sagte der Umweltminister in Cancun. Die Maßnahmen seien aber unzureichend, räumte Röttgen ein und forderte die europäischen Länder auf, den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.

Außenminister Guido Westerwelle sagte, jetzt gelte es, den Schwung hin zu einem weltweiten verbindlichen Klimaschutzabkommen zu nutzen und die offenen Fragen zügig zu klären. "Deutschland und die Europäische Union werden Vorreiter dieses Prozesses bleiben", gab Westerwelle in Berlin bekannt.

Vorreiter nötig

Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von einem kleinen, aber wichtigen Schritt. Die Vereinbarung sei aber "noch lange nicht der Wurf, den man braucht, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen“. Nötig seien jetzt Vorreiter wie die EU und Deutschland. Allerdings habe die Bundesrepublik mit der schwarz-gelben Regierung bisher wenig dazu beigetragen, kritisierte Roth.

Bundesumweltminister Norbert Roettgen während einer Pressekonferenz am 11. Dezember 2009 in Berlin. (Archivfoto: AP)
Bundesumweltminister Röttgen: ein sehr großer Erfolg für den KlimaschutzBild: AP

Ähnlich kritisch sah Greenpeace die Rolle der Bundesregierung. "Der Auftritt von Deutschland war glanzlos", sagte der Leiter Internationale Klimapolitik von Greenpeace, Martin Kaiser. "Die Rede von Umweltminister Norbert Röttgen war unengagiert. Die EU-Verhandlungen wie z. B. bei Verkehrs- und Energiepolitik bremst Deutschland aus. National blockiert die Regierung durch Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke den Ausbau erneuerbarer Energien". Von der EU forderte die Umweltschutzorganisation, sich Anfang 2011 endlich darauf zu einigen, die Treibhausgase bis 2020 um 30 Prozent zu senken, wie es der Weltklimarat fordere.

Wichtigste Entscheidung vertagt

Der Klimagipfel in Cancun war vom Streit zwischen armen und reichen Ländern geprägt. So gab es keine Einigung bei den Verhandlungen über das Kyoto-Protokoll, in dem sich etwa 40 Industriestaaten zu einer Reduzierung ihrer Treibhausgase verpflichtet haben. Während die betroffenen Industriestaaten eine stärkere Beteiligung von Schwellenländern verlangten, lehnten Staaten wie China, Brasilien und Indien es ab, die Aufholjagd ihrer Wirtschaften mit Vereinbarungen einzuschränken.

Dass es nach zweiwöchigen Verhandlungen doch noch zu einer Einigung auf Einzelschritte im Kampf gegen die Erderwärmung kam und die Klimadiskussion vor ihrem Kollaps bewahrt werden konnte, liegt vor allem daran, dass die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen für das Ende 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll vertagt wurden.

Autor: Bachir Amroune (rtr, dpa)
Radaktion: Martin Schrader