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Deutsche Investoren hoffen auf EU-Beitritt Bulgariens

7. April 2005

Die Deutsch-Bulgarische Handelskammer (DBIHK) in Sofia hat deutsche Unternehmer in Bulgarien zu ihrer Stimmung befragt. Im Interview mit DW-RADIO spricht DBIHK-Geschäftsführer Mitko Vassilev über die Ergebnisse.

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DBIHK-Geschäftsführer Mitko Vassilev freut sich über wachsende InvestitionenBild: DW

DW-RADIO/Bulgarisch: Welche Unterschiede haben Sie im Vergleich mit den Umfragen der vergangenen Jahre festgestellt?

Mitko Vassilev: Fast 75 % der in Bulgarien tätigen deutschen Firmen erwarten, dass der EU-Beitritt die Attraktivität des Landes für Auslandsinvestitionen erhöhen wird. Die Umfrage zeigt, dass die starken Seiten Bulgariens die hochqualifizierten Arbeitnehmer und der Rückgang der Arbeitslosigkeit auf 12 % sind. Positiv werden auch der leichtere Zugang zu Bankkrediten und die reduzierte Steuerlast – 15 % Körperschaftssteuer - gesehen. Zusammenfassend kann ich sagen, dass

der Handelsregister, die Kreditbedingungen und das Steuersystem von den deutschen Unternehmern am besten bewertet werden.

Das Rechtssystem und die Sicherheit, die Transparenz bei den öffentlichen Aufträgen und die Bekämpfung der Korruption – das sind die Gebiete, auf welchen nach Meinung der DBIHK-Mitglieder Reformen unerlässlich sind. Die deutschen Firmen hoffen, dass nach dem ET-Beitritt Bulgariens die Warenbewegungen schneller ablaufen und mit weniger Bürokratie belastet werden. 86 % der Befragten erwarten einen Umsatzzuwachs noch in diesem Jahr. Über 60 % planen Investitionssteigerungen, mehr als die Hälfte wolle zusätzlich bulgarische Fachkräfte einstellen. Keine der beteiligten Firmen beabsichtigt, Arbeitstellen in Bulgarien zu kürzen.

Obwohl die meisten deutschen Unternehmer optimistisch sind und mit erfolgreichen Geschäften in Bulgarien rechnen, ist in der Umfrage eine alte Tendenz sichtbar: Die deutsche Wirtschaft tut sich schwer mit Bulgarien…

… aber bleibt länger im Lande. In den letzten fünf Jahren war diese Tendenz festzustellen: Der deutsche Unternehmer überlegt lange, bevor er in Bulgarien investiert, er sammelt viele Informationen, analysiert die Lage - aber wenn er sich einmal entschließt, dann bleibt er langfristig. Und die zweite Tendenz ist: Die Deutschen investieren in allen Wirtschaftssektoren.

Der bevorstehende EU-Beitritt wird die Attraktivität Bulgariens erhöhen – dies ist die Hauptschlussfolgerung der Umfrage. Wie sieht es in der anderen Richtung aus: Wird Deutschland interessanter für bulgarische Unternehmer, wir der Zugang zum deutschen Markt leichter für bulgarische Waren?

Ich glaube, ja. Das Beispiel einiger der neuen EU-Mitglieder – wie Tschechien, Polen und Ungarn – ist ein Zeugnis dafür. Firmen aus diesen Ländern konnten nach dem Beitritt am 1. Mai 2004 mit deutschen Firmen – besonders im Dienstleistungsbereich – erfolgreich konkurrieren. Wir müssen jedoch realistisch sein: unsere Firmen müssen sich erst positionieren und weiterentwickeln. Bis zum EU-Beitritt bleiben noch zwei Jahre – hoffentlich schaffen sie es. Deutschland ist kein unmittelbarer Nachbar Bulgariens, die Geschäftsbedingungen da sind sehr schwer und die Konkurrenz ist weitaus stärker als auf dem bulgarischen Markt.

Welchen Platz nimmt Deutschland unter den Auslandsinvestoren in Bulgarien ein?

In den letzten fünf Jahren nahm Deutschland eine führende Position ein, mit 8.5 % oder 496 Millionen Euro von insgesamt 5.8 Milliarden Euro Auslandsinvestitionen. Deutschland ist jetzt nicht mehr an erster Stelle wie früher. Aber die Konkurrenz belebt das Geschäft; je mehr Länder mit ihrem Kapital kommen, desto besser für Bulgarien. Und noch zwei Zahlen aus der Umfrage: Mehr als 4500 deutsche Firmen beteiligen sich am Warenaustausch mit Bulgarien, 1200 von ihnen sind auf dem bulgarischen Markt präsent. Nach unserer Statistik sind dabei Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden Württemberg führend. In diesem Jahr erwarten wir stärkeres Engagement aus Hessen und Niedersachsen. Die östlichen Bundesländer sind am Ende der Liste. Ich hoffe jedoch, dass die Traditionen der Kontakte aus der DDR-Zeit für eine Wiederbelebung im Kontext der EU-Integration beitragen werden.

Das Interview führte Antoineta Nenkova, Sofia
DW-RADIO/Bulgarisch, 5.4.2005, Fokus Ost-Südost