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Deutsche Kulturpolitik im Wandel

Hanno Murena 8. Oktober 2002

Julian Nida-Rümelin scheidet aus dem Amt des Staatsministers für Kultur und Medien aus. Das Amt hat bereits einen tiefgehenden Wandel in der kulturpolitischen Ordnung herbeigeführt. Ein Kommentar von Hanno Murena.

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Fünfzig Jahre lang galt unangefochten: Im Inneren des Staates sind die einzelnen Bundesländer und die Kommunen für die Kultur zuständig. Nur im Außenverhältnis hatte auch der Bund kulturpolitische Kompetenzen. Für dieses föderalistische Prinzip gibt es etliche gute Gründe. Sie liegen in der Geschichte Deutschlands - das reicht von der historischen Situation im 19. Jahrhundert bis hin zum zentralen Herrschaftsanspruch der Nationalsozialisten im so genannten Dritten Reich, der sich ja auch in allen kulturellen Angelegenheiten so fürchterlich auswirkte.

Aber es gibt noch einen anderen, ganz triftigen Grund für eine dezentrale, föderalistische Kulturordnung: Die Zuständigkeit soll dort liegen, wo die Kultur entsteht - in den Regionen und Gemeinden. Dort muss entschieden werden, wie Kultur zu fördern ist, welche Rolle sie im Gemeinwesen spielen soll. Wie gesagt: fünfzig Jahre lang herrschte darüber Konsens.

Zentrale Kompetenz gefordert

Trotz anfänglicher Irritationen hat sich in den letzten vier Jahren durch das Amt des Staatsministers für Kultur und Medien, und durch die Arbeit der bisherigen zwei Amtsinhaber nun eine neue, weitgehend übereinstimmende Meinung gebildet, die man so zusammenfassen kann: Wir brauchen eine beim Bund liegende, zentrale Kompetenz für Kultur - auf der Basis auch weiterhin föderalistischer Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Nur in der bayerischen Landespolitik gibt es dagegen noch Widerstände.

Nida-Rümelin hat viel bewirkt

Kultur und Kulturpolitik haben in Deutschland durch diesen bereits etablierten Wandel eine Aufwertung erfahren. Die Erfolge des bisherigen Staatsministers Nida-Rümelin in seiner nur knapp zweijährigen Amtszeit haben erheblich dazu beigetragen: Das Urheberrecht wurde novelliert, die Besteuerung ausländischer Künstler und das Stiftungsrecht reformiert, es gibt ein nationales Gesetz zur Buchpreisbindung, und der deutsch-russische Dialog in Fragen der Rückkehr von Kulturgütern entwickelte sich fruchtbar.

Das alles hat zweierlei bewirkt: eine zentrale Zuständigkeit auch des Bundes für Kultur wurde plausibel, die Angst der Bundesländer vor einem Kulturzentralismus wurde gebannt. Noch ist die Zeit nicht reif dafür - aber eines Tages wird aus dem jetzigen Amt des Staatsministers ein ordentliches Bundesministerium für Bildung, Kultur und Medien werden.