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Deutsche Linke propagiert parteiinternen Schmusekurs

Marcel Fürstenau12. Juni 2012

Monatelang tobte der Machtkampf wie nie zuvor. Das neue Linken-Führungsduo will die verfeindeten Flügel versöhnen. Kipping und Riexinger setzen auf die "Kunst des Zuhörens". Welche Rolle soll Lafontaine künftig spielen?

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Die Parteivorsitzenden der Patei "Die Linke", Katja Kipping und Bernd Riexinger, geben am Dienstag (12.06.2012) eine Pressekonferenz in Berlin. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es war eine Premiere für die Anfang Juni auf dem Göttinger Parteitag gewählten Vorsitzenden der Partei Die Linke. Gemeinsam stellten sich die Bundestagsabgeordnete Katja Kipping und der Gewerkschaftsfunktionär Bernd Riexinger der Hauptstadtpresse. Und die kam zahlreich in die Berliner Parteizentrale. Zur Begrüßung wurde den Journalisten ein vierseitiges Papier in die Hand gedrückt. "Den Aufbruch organisieren – Vorhaben für die kommenden 120 Tage". Rund vier Monate will sich das neue Duo an der Spitze Zeit lassen, um die "Kunst des Zuhörens" zu etablieren. Darunter verstehen die 34-jährige Sächsin und der 56-jährige Baden-Württemberger, mit allen das Gespräch zu suchen, die miteinander statt übereinander reden wollen.

Die Funkstille und den Hass überwinden

In den Monaten vor dem turbulenten Parteitag in Göttingen herrschte zwischen orthodoxen und reformorientierten Linken Funkstille. Das vom früheren Sozialdemokraten (SPD) Oskar Lafontaine und seiner Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht angeführte Lager, das bundespolitisch einen kompromisslosen Oppositionskurs fährt, hatte nur ein Ziel: die Wahl des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Dietmar Bartsch, zum gleichberechtigten Parteichef neben Katja Kipping zu verhindern. Dieses Vorhaben gelang mit der Kandidatur des auch in der Linken selbst weitgehend unbekannten Landesvorsitzenden von Baden-Württemberg, Bernd Riexinger.

Der frühere Parteichef der Linken, Oskar Lafontaine, als aufmerksamer Zuhörer während des Parteitags Anfang Juni in Göttingen. (Foto: Nigel Treblin / dapd)
Oskar Lafontaine: Nur noch aufmerksamer Zuhörer?Bild: dapd

Dass er eine Art Marionette des Strippenziehers Oskar Lafontaine sei, dementierte der Neue an der Spitze vehement. Er habe weder der SPD angehört noch sei er ein "Provinzpolitiker", betonte der Mann, dessen Landesverband noch nie den Sprung ins Parlament geschafft hat. Nun will er auf der bundespolitischen Bühne gemeinsam mit Katja Kipping erfolgreich sein, die sich keinem bestimmten Lager innerhalb der Linken zuordnet. Während der selbst verordneten Schonfrist von 120 Tagen will das Ost/West-Duo drei Ziele erreichen: neue politische Akzente setzen, keine Personaldiskussionen mehr führen, ein Konzept für die Bundestagswahl entwerfen.

Die Neuen müssen sich auch als Therapeuten bewähren

Wie schwer diese Vorhaben zu verwirklichen sind, darüber sind sich Kipping und Riexinger im Klaren. Bundestagsfraktionchef Gregor Gysi hatte auf dem Parteitag in Göttingen unverhohlen von "Hass" gesprochen, der zwischen den Abgeordneten herrsche. Womöglich wäre es besser, sich "fair zu trennen", als eine "in jeder Hinsicht verkorkste Ehe" zu führen. Von der frisch gewählten Parteispitze, die den Westdeutschen Klaus Ernst und die Ostdeutsche Gesine Lötzsch abgelöst hat, wird also auch eine Art Ehetherapie erwartet.

Dass sich der frühere Parteichef Oskar Lafontaine berufen fühlen könnte, Ratschläge zu erteilen, wollen Kipping und Riexinger keinesfalls ausschließen. Für ihn gelte das Gleiche, wie für Gysi, Bartsch und Wagenknecht: "Wir werben sehr dafür, dass sie in der Partei und in den Wahlkämpfen weiterhin eine wichtige Rolle spielen."