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Deutsche Messen profitieren von der Krise

Andreas Becker3. Dezember 2012

Die deutschen Messen blicken auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Die vergleichsweise gute Wirtschaftslage in Deutschland zog viele Aussteller aus dem Ausland an, insbesondere aus den Krisenländern in Südeuropa.

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Besucher laufen am Freitag (04.03.2011) auf dem Messegelände in Hannover über den Stand von IBM. Vom 01.-05.03.2011 werden auf der Computermesse CeBIT mehr als 4 200 Unternehmen aus rund 70 Ländern ihre Produkte präsentieren. Foto: Caroline Seidel dpa/lni
CeBIT 2011Bild: picture-alliance/dpa

Insgesamt werden in diesem Jahr 180.000 Firmen ihre Produkte und Dienstleistungen auf den 161 überregionalen Messen in Deutschland präsentiert haben. Das geht aus einer Hochrechnung hervor, die der Ausstellungs- und Messeausschuss der deutschen Wirtschaft (AUMA) am Mittwoch (28.11.) in Köln präsentierte. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 1,5 Prozent.

Überdurchschnittlich stark ist die Zahl der Aussteller aus dem Ausland gestiegen: Von dort zeigten sich 97.500 Firmen auf deutschen Messen, ein Plus 2,5 Prozent. Die Zahl der Besucher sank dagegen leicht auf rund zehn Millionen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Premierminister Wen Jiabao beim Messerundgang vor einem Modell der Baiyun Power Group. Foto: DW/Per Henriksen 23.04.2012. DW1_9545.jpg
Große Messen sind ein wichtiger Termin, auch für Politiker: Kanzlerin Merkel und Chinas Premier Wen Jiabao auf der Hannover Messe.Bild: DW

Gutes Jahr

“Das ist besser als erwartet”, sagt AUMA-Vorsitzender Hans-Joachim Boekstegers. Denn vielen wichtigen Branchen, vom Maschinenbau über die Autobauer bis zur Elektroindustrie, machen die schwache Weltkonjunktur und die Krise im Euroraum zu schaffen. “Das Jahr ist trotzdem ganz gut gewesen, denn das Messegeschäft ist nachzyklisch”, so Boekstegers.

Nachzyklisch bedeutet, dass Messen erst mit Verspätung auf Konjunkturentwicklungen reagieren. Das liegt am langen Vorlauf für die Planung, Firmen müssen sich meist schon ein dreiviertel Jahr im voraus anmelden.

Düstere Lage in Griechenland

Ganz anders ist die Lage in den südeuropäischen Ländern der Eurozone, die schon seit längerem unter der Krise leiden. “Dort kann man spüren, dass kein Geld da ist für Investitionen. Für ausstellende Unternehmen macht es fast keinen Sinn, dort auf Messen zu gehen”, so Boekstegers, der im Hauptberuf die Geschäfte von Mulitvac führt, einem Maschinenhersteller für die Verpackungsindustrie. Multivac etwa habe sich auf einer Messe in Griechenland präsentiert, die gerade mal von 30 Leuten besucht worden sei. Gemessen an den Kosten von 30.000 Euro für die Teilnahme sei das “ein bisschen teuer”, so Boekstegers.

Viele Messen in Griechenland, Portugal und Spanien wurden ganz abgesagt. Deutschen Messen konnten von dieser Entwicklung profitieren. “Exportorientierte Firmen aus diesen Ländern kommen verstärkt auf die größeren Messen in Deutschland, um dort neue Kontakte zu knüpfen”, sagt Boekstegers.

Chinesen auf fast jeder Messe

Besonders stark ist inzwischen China auf deutschen Messen vertreten, in diesem Jahr mit rund 10.000 Firmen. “Vor gut zehn Jahren kamen nur 1000-2000 chinesische Aussteller pro Jahr”, sagt AUMA-Pressesprecher Harald Kötter. Auch die Produktpalette der chinesischen Anbieter hat sich vergrößert, wie ihre Teilnahme an rund 100 Fachmessen zeigt. “Heute präsentieren sich chinesische Firmen auf zwei Drittel aller deutschen Messen”, so Kötter. “Das ist eine völlig andere Situation als noch vor zehn Jahren.”

Um abschätzen zu können, wie sich das Messegeschäft in der Zukunft entwickeln könnte, hat der Messeverband AUMA 500 deutsche Unternehmen befragt. Die Mehrheit der Firmen, 60 Prozent, rechnet mit konstanten Ausgaben für die Teilnahme an Messen. Im Durchschnitt sind das 365.000 Euro für den Zeitraum 2013 und 2014. Rund ein Viertel der Unternehmen (24 Prozent) will das Budget vergrößern, 14 Prozent planen geringere Ausgaben.

Ein Mann steht neben China-Schriftzügen auf der Hannover Messe. Foto: Julian Stratenschulte dpa/lni +++(c) dpa - Bildfunk+++
Chinesische Aussteller spielen auf den deutschen Messen eine immer wichtigere Rolle.Bild: picture-alliance/dpa

“Das zeigt, wie wichtig das Messewesen für die Kommunikation zwischen Unternehmen ist und trotz der neuen Medien auch bleibt”, sagt AUMA-Vorsitzender Boekstegers. Die Teilnahme an Messen hat einen Anteil von 42 Prozent am Marketing-Budget für Geschäftskunden, der Wert ist seit Jahren konstant. In der Fachpresse geschaltete Werbung hat dagegen deutlich an Bedeutung verloren.

Geförderte Teilnahme

Deutsche Firmen, die an Messen im Ausland teilnehmen wollen, aber die hohen Kosten scheuen, können sich auf Gemeinschaftsständen präsentieren, die vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert werden. In diesem Jahr gab es 252 “German Pavillons” auf Messen in allen Kontinenten, mehr als in den Boomjahren 2006 und 2007.

Für das nächste Jahr seien sogar 274 Gemeinschaftsstände geplant. Offensichtlich veranlasse der schwächer werdende Export viele Firmen zu mehr Auslandsmarketing, so Boekstegers. Nach Angaben des AUMA unterstützt das Wirtschaftsministerium die Teilnahme an “German Pavillons” im nächsten Jahr mit rund 43 Millionen Euro.

Dynamik in Indien

Zahlreiche deutsche Messegesellschaften haben auch Ableger im Ausland. Dort organisierten sie in diesem Jahr 265 Messen, fast unverändert zum Vorjahr. Im nächsten Jahr sind 275 Auslandsmessen geplant. “Seit vielen Jahren ist China dabei ganz klar auf Platz eins, ein zweiter Stelle folgt Russland”, sagt Marko Spinger, der beim AUMA für globale Märkte zuständig ist. Die größte Dynamik, also die prozentual höchsten Zuwächse, sieht Spinger in Indien und der Türkei.

Angesichts der insgesamt guten Aussichten bleibt die Frage, wann die sich eintrübenden Konjunkturerwartungen auch auf das Messegeschäft durchschlagen. AUMA-Geschäftsführer Peter Neven gibt sich optimistisch: “Jedenfalls nicht 2013.”