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Diskussion um Polizeiausbildung in Afghanistan

24. Februar 2010

Der deutsche Beitrag zur Polizeiausbildung in Afghanistan war lange kaum umstritten. Das hat sich geändert. Grund ist eine neue Militärstrategie und die Frage: Dürfen Polizisten in Kriegsgebieten eingesetzt werden?

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Afghanische Grenzpolizisten werden von deutschen Kollegen ausgebildetBild: picture-alliance/dpa
Angela Merkel schaut bei einem Training der Afghanischen Polizei zu
Die Polizeiausbildung in Afghanistan - ein Thema mit höchster politischer BrisanzBild: AP

Die Kritik an der Polizeiausbildung in Afghanistan war deutlich. "In einem Kriegsgebiet hat die Polizei nichts zu suchen". Das sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, vor einigen Tagen. Er fürchtet, die Polizisten in Afghanistan könnten in die Kämpfe verwickelt werden. Da die Bundesregierung den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan einen "bewaffneten Konflikt" nennt, sei unklar, ob der Polizeieinsatz überhaupt noch rechtens sei. Bundesinnenminister Thomas De Maiziere wies diese Kritik nun zurück: Die deutschen Polizisten übernähmen keine Sicherheitsaufgaben. "Polizei ist Polizei und Militär ist Militär. Und Polizei darf nicht für militärische Aufgaben eingesetzt werden." Außerdem setze die Regierung Polizeiausbilder nur in "gesicherten Gebieten" ein.

"Wir werden nie sagen, es sei nicht gefährlich"

Allerdings besteht immer eine gewisse Unklarheit, was genau als gesichertes Gebiet gilt. Zu oft ändert sich die Lage in manchen Distrikten. Dass der Einsatz für die Polizisten trotzdem Gefahren mit sich bringt, gibt auch De Maizieres hessischer Amtskollege Volker Bouffier zu: "Auch in unserem 'normalen' Geschäft haben wir Situationen, wo unmittelbar aus einer normalen Streifenfahrt eine gefährliche polizeiliche Situation entstehen kann. Und deshalb werden wir nie sagen, dass eine solche Aufgabe nicht auch gefährlich sein kann."

Wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als ob der Vergleich zwischen Streifenpolizisten und Ausbildern aus der Luft gegriffen ist, dann täuscht das. Denn obwohl deutsche Polizisten in Afghanistan nicht für Sicherheit sorgen sollen, kommt es vor, dass sie gemeinsam mit Soldaten die Lager verlassen, um die Gegend zu inspizieren. Das ist neu und heißt im Militärjargon FDD-Strategie: Focused District Development, die gezielte Entwicklung in den Distrikten. So besuchten die Ausbilder dort gemeinsam mit afghanischen Polizisten Wachstationen in den Dörfern – begleitet von den Feldjägern der Bundeswehr, sagt De Maiziere.

Polizeihund
Die deutsche Polizeigewerkschaft fürchtet die Gefahr für die deutschen Polizisten am HindukuschBild: PA/dpa

Kritiker stellen allerdings auch immer wieder in Frage, ob die Polizeiausbildung in Afghanistan überhaupt am richtigen Punkt ansetzt. Viele afghanische Polizisten würden sich nach der teuren Ausbildung einen besser bezahlten Job suchen, mutmaßlich sogar bei den Taliban, heißt es oft. Hinzu kommen oft ganz banale Probleme, mit denen die deutschen Ausbilder konfrontiert werden. So seien unter den afghanischen Polizisten nach wie vor viele Analphabeten. Doch auch dieses Argument entkräftet De Maiziere. "Sie können in der Polizeiausbildung nicht den Jungs, die nicht in der Schule waren, Lesen und Schreiben beibringen", entgegnet der Bundesinnenminister. "Das Führungspersonal aber wird auch Lesen und Schreiben lernen."

"Nicht wie ein Land in Afrika"

Die deutschen Polizeiausbilder werden von der Bundespolizei und von den einzelnen Bundesländern bereitgestellt. Während die sozialdemokratischen Innenminister zuletzt angeregt hatten, afghanische Polizisten zur Ausbildung nach Deutschland zu holen, betonen die Innenminister von Union und FDP, die Mehrheit also, dass sie wie geplant weitere Ausbilder nach Afghanistan schicken wollen. Die Bundesregierung hatte auf der Afghanistan-Konferenz in London im Januar zugesagt, statt 120 künftig 200 Polizeiausbilder nach Afghanistan zu schicken. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht dazu keine Alternative. Es handle sich ja nicht um "Entwicklungshilfe wie in einem Land in Afrika. Sondern es geht darum, die Wurzeln des Terrorismus zu bekämpfen, eines Terrorismus, der auch uns in Deutschland und Europa bedroht."

Autor: Mathias Böhlinger

Redaktion: Silke Ballweg