1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutsche Reaktionen auf den Kriegsbeginn

Cornelia Rabitz / (os)23. März 2003

Mit Bestürzung und Sorge haben Politiker in Berlin auf den Kriegsbeginn im Irak reagiert. Sie warnten vor dramatischen humanitären und politischen Konsequenzen.

https://p.dw.com/p/3PTH
Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen vor der US-Botschaft in BerlinBild: AP

In einer schriftlichen Erklärung der Bundesregierung heißt es, nun müsse alles getan werden, um eine humanitäre Katastrophe für die irakische Zivilbevölkerung abzuwenden. Zur Linderung der Not sei man bereit, im Rahmen der Vereinten Nationen auch Hilfe zu leisten. Die Regierung erwarte, dass die kriegsführenden Parteien alles daransetzten, um zivile Opfer zu vermeiden, dazu gehöre insbesondere der Verzicht auf die Anwendung von Massenvernichtungswaffen.

Bedrückt zeigte sich SPD-Generalsekretär Olaf Scholz: "Wir sind alle sehr betroffen. Die Bundesregierung hat ja gemeinsam mit vielen anderen versucht, zustande zu bringen, dass es Alternativen gibt, dass friedlich abgerüstet wird, jetzt ist unser Mitgefühl bei den Menschen, deren Leben bedroht ist. Wir müssen jetzt alles dafür tun, dass die humanitäre Katastrophe, die dort droht, möglichst begrenzt werden kann."

Olaf Scholz
Olaf ScholzBild: AP

"UN beschädigt"

Kritik an der Haltung der US-Regierung übte Ludger Volmer, Bundestagsabgeordneter der Grünen. Er sagte, Präsident Bush habe den Krieg von Anfang an gewollt, gegen den erklärten Willen der Weltgemeinschaft. Volmer sieht die Position der Vereinten Nationen geschwächt. Er warnte vor einer Schädigung des Ansehens der Vereinten Nationen: "Die UNO ist schon beschädigt. Es wäre eine fatale Entwicklung, wenn man zu einer Folge käme: Die Amerikaner fighten, die Deutschen füttern und die Vereinten Nationen finanzieren. So was darf es nicht geben."

Den innenpolitischen Streit um die völkerrechtliche Bewertung des Irak-Krieges, um Awacs-Flüge und ABC-Spürpanzer wollen alle Beteiligten angesichts der aktuellen Dramatik vorerst zurückstellen. Der CDU-Politiker Volker Rühe, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, forderte dazu auf, auf die gegenseitigen Schuldzuweisungen zu verzichten.

Irakdebatte statt haushaltspolitischem Schlagabtausch

Der Bundestag hat unterdessen seine Tagesordnung geändert. Erwartet werden eine Erklärung von Parlamentspräsident Wolfgang Thierse sowie Stellungnahmen der Fraktionsvorsitzenden. Anschließend wird das Plenum unterbrochen, die Fraktionen kommen zu Sondersitzungen zusammen. Die Haushaltsberatungen werden abgekürzt.

EU Verteidigungsminister Peter Struck
Peter StruckBild: AP

Unterdessen kündigte Bundesverteidigungsminister Peter Struck eine Sitzung des sogenannten Sicherheitskabinetts für die Mittagsstunden an - ihm gehören neben dem Kanzler, den Ministern für Verteidigung, für Inneres und für die auswärtigen Angelegenheiten Vertreter der Sicherheitsbehörden und Geheimdienste an. Analysiert wird dort die Sicherheitslage in Deutschland. Der Schutz besonders sensibler Gebäude, wie zum Beispiel die britische und die amerikanische Botschaft sowie israelische und jüdische Einrichtungen wurde verstärkt.

Keine deutsche ABC-Spürpanzer im Irak

Außerdem bekräftigte der Verteidigungsminister, dass die in Kuwait stationierten deutschen ABC-Spürpanzer nicht im Irak eingesetzt würden. Allerdings würden die Soldaten Hilfe leisten bei einem irakischen Angriff auf das Emirat. Struck kündigte aber an, dass er das Kontingent von 90 auf 170 aufstocken werde.

Der Minister zeigte sich auch besorgt über die Situation der 2500 deutschen Soldaten in Afghanistan. Es sei nicht auszuschließen, dass sie sich in einer zusätzlichen, besonderen Gefährdungslage befänden. An dem Großeinsatz der Amerikaner sei die Bundeswehr allerdings nicht beteiligt.

Die christlichen Kirchen in Deutschland äußerten sich zum Kriegsbeginn ebenfalls bestürzt. Dies sei immer eine Niederlage der Menschheit, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, und des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland, Präses Manfred Kock. Die Kirchen wie viele Menschen weltweit, die vor einem solchen Schritt gewarnt hätten, empfänden in diesem Moment große Trauer.