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Deutsche Stahlindustrie richtet sich auf magere Zeiten ein

Illa Kovarik15. November 2001

Mit Prognosen über die künftge Stahlkonjunktur ist die Branche äußerst vorsichtig - zudem gibt es Ärger mit den USA

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Stahl als ressourceneffizienter Baustoff - das legte die deutsche Stahlindustrie vor knapp zwei Wochen dem Bundesbauminister Kurt Bodewig ans Herz. Unter dem Gesichtspunkt von Nachhaltigkeit hält die Branche Stahl ohnehin für den Wirkstoff schlechthin - nachzulesen in einer Broschüre, die nun erstmals auf dem Branchenforum "Stahl 2001" am 15. und 16.11.2001 in Düsseldorf vorgelegt wird.

Knapp 45 Millionen Tonnen Rohstahl wird die deutsche Stahlindustrie bis zum Jahresende produziert haben, darunter zwei Millionen Tonnen Edelstahl und sieben Millionen Tonnen oberflächenveredelte Stähle. Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr lag der Umsatz der Branche bei 44,3 Milliarden Mark und damit nur unwesentlich unter dem des Vorjahres. Vor allem die wichtigste Stahlabnehmerbranche, der Straßenfahrzeugbau, hatte noch zahlreiche Aufträge abzuarbeiten.

Eine Prognose für das kommende Jahr möchte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Dieter Ameling, derzeit jedoch noch nicht abgeben. Noch sind Auswirkungen des Terroranschlags von New York ebensowenig abzuschätzen wie die der Zinssenkungen in den USA und Europa.

Fest steht, dass die deutsche Stahlindustrie aufgrund der ungünstigen Dollar-Euro-Relation steigende Kosten hat und einige Unternehmen wie ThyssenKrupp Stahl gegen Ende des Jahres Produktionsüberkapazitäten vom Markt nehmen werden. Auch in anderer Hinsicht bereiten die USA der europäischen Stahlindustrie Sorgen. Die amerikanischen Hersteller sind derzeit zwar nicht in der Lage, den eigenen Inlandsmarkt abzudecken, wehren sich aber gegen Importe.

Aufgrund eines Schutzklauselverfahrens werden sämtliche Stahleinfuhren auf ihre Unschädlichkeit für den US-Inlandsmarkt hin untersucht und gegebenenfalls mit Quotierungsvorgaben und Einfuhrzöllen belegt. Dazu kommen über 200 bereits laufende Handelsverfahren, die die US-Stahlindustrie vor allem als Antidumpingverfahren angestrengt hat und einige weitere, die Ende September zusätzlich eingereicht wurden. Mengen, die in den USA nicht abzusetzen sind, drücken andernorts die Preise. Die amerikanische Stahlkrise - so sieht es der Branchenverbandspräsident Ameling - ist Resultat eines aggressiven Preiskampfes auf dem Inlandsmarkt, ist hausgemacht und kein Importproblem:

"Es sind 26 Stahlunternehmen, die sich inzwischen unter den Schutz des Chapter 11 der amerikanischen Konkursordnung gestellt haben. Wir wissen, dass die großen integrierten Hüttenwerke, Eisen- und Stahlwerke in den USA zu wenig in der Vergangenheit investiert haben, dass sie weniger wettbewerbsfähig sind als die Stahlindustrie in Europa, auch höhere Kosten haben als wir hier in Europa. Auf diese Art und Weise ist der amerikanische Stahlmarkt in diese sehr desolate Lage geraten - über den Wettbewerb der nichtintegrierten gegen die integrierten Werke," sagt Meling zur Deutschen Welle.

Weltweit gesehen werden bis Jahresende rund 840 Millionen Tonnen Rohstahl erzeugt werden und damit etwa so viel wie im Jahr zuvor. An der Spitze steht der asiatische Raum mit 300 Millionen Tonnen, rund 140 Millionen Tonnen davon kommen aus China. Mit lediglich 100 Millionen Tonnen liegen die USA weit hinter China zurück. Die 15 EU-Länder werden auf rund 160 Millionen Tonnen Rohstahl kommen. In Westeuropa sind die Konzentrationsprozesse im Stahlbereich im Wesentlichen abgeschlossen. Im östlichen Teil Europas - so Dieter Ameling - beginnen sie gerade: "Einerseits ISPAT-International, die sich in Rumänien engagiert haben beim Erwerb des dortigen Flachstahlherstellers. Ich nenne United States Steel, die sich in der Slowakei engagieren und ich nenne das Kosortium ThyssenKrupp, Salzgitter, Arbed, die an dem Objekt Huta-Kotowice in Polen interessiert sind."

Nun wird darüber diskutiert, wie diese Unternehmen, aber auch die gesamte Stahlindustrie der EU-Beitrittsländer an westeuropäische Umwelt- und Produktionsstandards herangeführt werden kann.