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Deutsche Telekom gerät ins Visier der EU-Kommission

8. Mai 2002

Monti wirft Telekom Missbrauch der Markt beherrschendenStellung vor - Verfahren könnte zu höheren Grundgebühren führen

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Die EU-Kommission wirft der Deutschen Telekom vor, ihre Markt beherrschende Stellung in der Bundesrepublik missbraucht und dadurch den Wettbewerb behindert zu haben. Die Brüsseler Behörde leitete deshalb am Mittwoch ein Prüfverfahren gegen den Bonner Telekommunikationsriesen ein. Die Deutsche Telekom sprach in einer ersten Stellungnahme von «nicht nachvollziehbaren Vorwürfen». Der Deutsche Verband für Post und Telekommunikation (DVPT) warnte, das Vorgehen der Kommission könne zu höheren Telefon-Grundgebühren führen.

Konkret wirft die EU-Kommission der Telekom vor, von ihren Wettbewerbern für den Zugang zum Ortsnetz höhere Preise zu verlangen als von ihren eigenen Endkunden. Das erschwere den Marktzugang für Konkurrenten und verringere den Preiswettbewerb zu Lasten der Konsumenten. Mit ihrer Untersuchung reagierte die Kommission auf Klagen des zweitgrößten deutschen Festnetzanbieter Arcor und mehrerer lokaler und regionaler Telekom-Konkurrenten. Wettbewerbskommissar Mario Monti betonte in Brüssel: «Nach vier Jahren kompletter Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in Europa ist der Wettbewerb in eine kritische Phase gekommen». Dies gelte besonders für die Ortsnetze, wo bereits zahlreiche vielversprechende Neueinsteiger zur Aufgabe gezwungen worden seien. Die Verstärkung des Wettbewerbs sei deshalb jetzt eine der Prioritäten der EU-Kommission.

Telekom nennt Vorwürfe «nicht nachvollziehbar»

Laut EU hat die Deutsche Telekom im Ortsnetz vier Jahre nach Beginn der Liberalisierung nach wie vor einen Marktanteil von 98 Prozent. Um den Wettbewerb zu verstärken, müsse der Telekommunikationsriese entweder die Leitungskosten für die Konkurrenten senken, oder die Gebühren für die eigenen Endkunden erhöhen, verlangten die Kommissare. Auf jeden Fall müsse künftig der von der Telekom selbst offerierte Endkundenpreis deutlich über dem Großhandelspreis liegen. Der Konzern hat nun zwei Monate Zeit, um auf den Vorstoß der EU zu reagieren. In einer ersten Stellungnahme bezeichnete das Unternehmen die Vorwürfe als «nicht nachvollziehbar». Ein Konzernsprecher betonte, die von der Kommission beanstandeten Gebühren seien von der Telekom-Regulierungsbehörde in Bonn genehmigt worden. Eigentlich müsse der Vorwurf deshalb direkt an die Regulierungsbehörde gehen. Außerdem verwies der Sprecher darauf, dass die Grundgebühren beim Telefon traditionell subventioniert würden. Dies gelte für die Deutsche Telekom ebenso wie für die Wettbewerber. Der Gewinn werde nicht mit den Grundgebühren, sondern mit den Gesprächsgebühren gemacht. Der Deutsche Verband für Post und Telekommunikation warnte, der Vorstoß der EU-Kommission könne für die Telefonkunden in der Bundesrepublik höhere monatliche Grundgebühren mit sich bringen. Der DVPT-Vorsitzende Manfred Herresthal mahnte im Saarländischen Rundfunk, dies könne nicht «Sinn und Zweck einer Regulierung sein». Das Vorgehen der EU gegen die Telekom ist Bestandteil einer umfassenden Überprüfung des europäischen Telekommunikationsmarktes durch die Kommission. Zuvor hatte die Brüsseler Behörde bereits Prüfverfahren gegen den französischen Internetanbieter Wanadoo, eine Tochter von France Telekom, sowie gegen den niederländischen Telekommunikationskonzern KPN eingeleitet.

Quelle: AP