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Deutsche Wertarbeit und indischer Optimismus

Thomas Bärthlein10. Juni 2005

Dass deutsche Unternehmen in Indien investieren, ist zwar bekannt. Aber auch die Inder sind längst in Deutschland aktiv. Trotz Mentalitätsunterschieden: Die deutsch-indischen Kooperationen funktionieren.

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Indiens Finanzminister Chidambaram mit Wirtschaftsminister ClementBild: AP

Indien lohnt sich. Fast alle ausländischen Investoren verdienen gutes Geld dort, so die Botschaft von Indiens Finanzminister Palaniappan Chidambaram, der am Anfang der Woche (6. und 7. Juni 2005) Deutschland besuchte. Er forderte vor allem den deutschen Mittelstand auf, die Chancen eines Indien-Engagements nicht zu verpassen: "Schauen Sie nur, was die Koreaner in den letzten zehn Jahren gemacht haben! Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich mich eins fragen: Wenn Südkorea das kann, warum nicht Deutschland?"

Große deutsche Unternehmen haben diese Frage längst für sich beantwortet. VW will sich auf dem riesigen Markt mit jährlichen Wachstumsraten um die sieben Prozent engagieren, Siemens und Bosch bauen ihre Investitionen aus. Schon länger erfolgreich sind die Dienstleister: Für die Deutsche Post ist das südasiatische Land ein Schwerpunktmarkt, die Lufthansa ist Marktführer auf den Routen von Indien in die USA. Bisher weitgehend unbemerkt geblieben ist die umgekehrte Entwicklung: Immer mehr indische Firmen investieren jetzt auch in Deutschland.

Deutsche Traditionsfirmen unter indischer Führung

Die indischen Global Player wollen in Deutschland präsent sein, weil hier ihre Kunden sitzen oder weil deutsche Hochtechnologie ihr Profil gut ergänzt. Der Metallverarbeiter Bharat Forge aus Pune hat 2004 das traditionsreiche Schmiedeunternehmen Carl Dan. Peddinghaus übernommen und beliefert - als "CDP Bharat Forge" - von den deutschen Standorten aus erfolgreich die europäische Automobilindustrie.

Ebenfalls 2004 hat der größte private Industriekonzern Indiens, Reliance, den Polyester-Produzenten Trevira gekauft, eine ehemalige Hoechst-Tochter mit Hauptsitz in Frankfurt. Noch ist es eine ungewohnte Erfahrung für deutsche Betriebe, unter einem indischen Management zu arbeiten. Der indische Trevira-Aufsichtsratsvorsitzende Subodh Sapra findet aber, die Deutschen seien flexibler als ihr Ruf: "Sie sehen ein, dass wir ihnen nur helfen können - schließlich sind wir der größte Polyester-Produzent der Welt."

Erst Skeptiker, dann Überzeugungstäter

Als klar war, dass die Inder kommen würden, herrschte Unsicherheit unter der Belegschaft. "Aber im Großen und Ganzen haben sie uns willkommen geheißen", resümiert Sapra. Zwar will er nicht behaupten, dass jeder der 2000 Angestellten "flexibel und offen wäre". Durch Anschauungsunterricht konnten die Skeptiker jedoch überzeugt werden: Einige deutsche Mitarbeiter wurden nach Indien eingeladen, um sich vor Ort von der Unternehmenskultur ein Bild zu machen. "Jetzt", sagt Sapra, "tun sie die Dinge aus Überzeugung und nicht auf Befehl."

Trotz der unterschiedlichen Kulturen gestaltete sich die Kommunikation einfacher als befürchtet. "Sicher, wir hatten uns Sorgen wegen der Sprache gemacht", erinnert sich Sapra. Dann waren sie aber überrascht, wie viele deutsche Mitarbeiter Englisch sprachen - und auch sprechen wollten. "Klar, nicht im allerbesten Englisch, aber Hauptsache, man kann kommunizieren!"

Deutschlands Tugenden, Indiens Optimismus

DIHK (Deutsch-Indische Handelskammer)-Treffen in Bad Godesberg am 08.06.2004
Treffen der Deutsch-Indischen Handelskammer: Wohlfühlfaktor trifft ZuverlässigkeitBild: DW

Damit in Zukunft noch mehr indische Unternehmen in Deutschland investieren, organisiert die Deutsch-Indische Handelskammer derzeit eine Reise für indische Unternehmer durch Deutschland. In den Augen von Geschäftsführer Bernhard Steinrücke ergänzen sich deutsche Betriebe und indisches Management auf ideale Weise. "Die Inder sind ausgesprochen überzeugt von der deutschen Technologie, von der Zuverlässigkeit, von den Bildungsstandards", fasst Steinrücke die Vorzüge deutscher Wirtschaftskultur zusammen.

Was die Motivation - Steinrücke spricht vom "Wohlfühlfaktor" - angeht, sieht er auf deutscher Seite dagegen noch Nachholbedarf. Und die Chance, von Indien zu lernen: "Die Inder sind gnadenlose Optimisten und insofern können sie hier, im gnadenlos pessimistischen Deutschland, viel erreichen!"