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Deutsche Wertarbeit

Vanessa Fischer1. August 2003

Der Start der LKW-Maut auf Deutschlands Autobahnen verzögert sich: Nicht nur die technische Vorbereitung gestaltet sich problematisch. Auch die EU-Kommission stellt sich quer.

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Keine Chance für Mautpreller: Elektronische Messstation auf der AutobahnBild: AP

Vom 31. August an soll auf deutschen Autobahnen alles anders werden - zumindest für LKW-Fahrer. Die werden dann kräftig zur Kasse gebeten. Denn das modernste und kostspieligste Mautsystem der Welt wird jeden Kilometer, den ein LKW zurücklegt, via Satellit verfolgen und abrechnen. Je nach Anzahl der Achsen und Schadstoffausstoß sind dann um die zwölf Cent pro Kilometer fällig. Soweit der Plan.

Doch dazu kommt es vorläufig nicht: Wegen technischer Pannen und Verzögerungen wird es zunächst eine "kostenfreie Einführungsphase" bis November 2003 geben. Außerdem hat die EU-Kommission Einwände: Brüssel ist der Meinung, das deutsche Mautsystem verzerre den Wettbewerb. Verkehrskommissarin Loyola de Palacio hat daher prompt ein Prüfungsverfahren eingeleitet. Sie ist davon überzeugt, das Verfahren habe eine "aufschiebende Wirkung" auf den Start des Mautsystems.

Knackpunkt: Entschädigung

Hauptstreitpunkt zwischen Brüssel und Berlin ist die vorgesehene Entschädigung für deutsche Spediteure. Diese war den Fuhrunternehmen von der Bundesregierung als Ausgleich für die Maut versprochen worden. Demnach könnten die Spediteure ihre Mineralölsteuer auf die Maut anrechnen lassen. De Palacio will jetzt prüfen, ob das mit dem EU-Recht vereinbar ist.

Ausländische Transportunternehmen laufen bereits Sturm gegen die Regelung. Noch nie seien so viele Beschwerden eingegangen, wie zur deutschen LKW-Maut, hieß es vergangene Woche aus Brüssel. Sie sehen sich benachteiligt, weil ihre Fahrer eher im Ausland tanken und damit von der Entlastung nicht profitieren können.

Die Bundesregierung hält dagegen am pünktlichen Start der Maut fest. Lediglich die Anrechnung der Mineralölsteuer sei durch das Verfahren in Brüssel gefährdet, nicht aber die Einführung des Mautsystems an sich, ließ Verkehrsminister Manfred Stolpe die EU-Kommissarin wissen. Außerdem habe man schon Alternativen in der Reserve, sollte die Regelung mit der Mineralölsteuer nicht durchgehen.

Lieferprobleme und andere Engpässe

Doch der Verkehrskommissarin ist nicht nur der umstrittene Ausgleich über die Mineralölsteuer ein Dorn im Auge. Auch bei der Verteilung der sogenannten On-Bord-Units (OBU), die zur Berechnung der gefahrenen Kilometer nötig sind, befürchtet De Palacio eine Benachteiligung ausländischer Fuhrunternehmen.

Die OBUs funktionieren wie ein kleiner Bord-Computer. Die Spediteure müssen - wollen sie nicht auf das zeitraubende manuelle System an Tankstellen ausweichen - ihre gesamte Flotte mit OBUs ausrüsten. Nur so kann das Satellitensystem die gefahrene Strecke unmittelbar erfassen.

Fünf Wochen vor dem Stichdatum haben aber selbst in Deutschland die wenigsten Fahrer eine OBU in ihrem Laster. Die meisten Unternehmen haben noch gar keinen Termin bei ihren Werkstätten. Der Bundesverband Güterverkehr spricht von einem Prozent. Grund sind vor allem Lieferengpässe bei den Geräten.

"Kein Chaos am Anfang"

Offensichtlich hat sich das mit dem Mautsystem beauftragte Konsortium Toll Collect bei der Planung verkalkuliert. Eigentlich hätte der Einbau schon im Mai starten sollen. Die Bundesregierung hatte von 250.000 Geräten gesprochen, die bereitgestellt würden. Angefordert wurden aber lediglich 150.000.

Nicht nur auf den Verkehrsminister, auch bei Toll Collect wächst jetzt der Druck. Sollte der pünktliche Start wegen mangelnder Vorbereitung verschoben werden müssen, droht dem Konsortium eine saftige Strafe. Manfred Stolpe betonte am Montag (28.7.2003) er wolle den "Erfolg des Systems und kein Chaos am Anfang". Ein Chaos aber befürchten die Transportunternehmen, falls nicht ein kleines Wunder geschieht.

Mitte August 2003 soll ein unabhängiger Gutachter einen Bericht zu den technischen Problemen vorlegen. Erst dann wird endgültig feststehen, ob die Maut pünktlich starten kann. Vorausgesetzt die "Baustelle EU-Kommission" ist bis dahin aufgelöst.