1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutsche Wirtschaft im Iran verunsichert

Kathrin Erdmann 6. Oktober 2005

Der Iran hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen deutschen Absatzmarkt mit beachtlichen Umsatzsteigerungen entwickelt. Seit dem Wahlsieg von Mahmud Ahmadinedschad herrscht aber Verunsicherung.

https://p.dw.com/p/7GIy
Autoproduktion im IranBild: dpa

Seit drei Jahren wächst die iranische Wirtschaft kontinuierlich um etwa fünf Prozent. Sehr zur Freude deutscher Unternehmen. Sie konnten im ersten Halbjahr 2005 Waren im Wert von 2,2 Milliarden Euro exportieren. Das ist eine Steigerung um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dennoch können diese Erfolge eines nicht verdecken: Die Freude über die guten Geschäfte zwischen Deutschland und dem Iran sind seit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten und dem schwelenden Atomstreit eingetrübt.

Dem stimmt auch Michael Tockuss, Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer in Teheran zu - wenngleich mit einer Einschränkung: Die Lage beeinflusse zur Zeit den wirtschaftlichen Austausch nicht beeinflusst. "Weder Seitens des Handels noch von den getroffenen Investitionsentscheidungen sehe ich irgendein Unternehmen, dass vor dem Hintergrund der politischen Auseinandersetzungen ihre Investitionsentscheidungen überdenken oder sich aus dem Iran zurückziehen."

Kontakte knüpfen

Auch Jürgen Franke aus Mannheim lässt sich von der neuen politischen Führung im Iran nicht schrecken. Nach Russland will er mit seiner Consulting-Firma Derux GmbH jetzt den iranischen Markt erobern. Das Land sei ein "Tiger mit hervorragenden Voraussetzungen", sagt er. "Unglaublich junge Bevölkerung, sehr guter Ausbildungsstand. Der Iran wäre, wenn diese Mullahzwänge nicht wären, das führende Land in diesem Raum." Auf lange Sicht denkt er an eine eigene Niederlassung in Teheran. "Im Moment wollen wir den Markt sondieren, wollen speziell im Maschinenbau herausfinden, wo der größte Bedarf ist und dann entsprechend deutsche und iranische Unternehmen zusammenbringen." Franke kommt dabei zugute, dass seine Frau Perserin ist. Ihre gut vernetzten Verwandten sollen im Iran erste Kontakte zu potenziellen Kunden knüpfen.

Deutschland liefert vor allem Maschinen, KfZ-Teile, chemische Produkte sowie Eisen- und Stahlerzeugnisse in den Iran. Insgesamt handeln 5000 deutsche Unternehmen mit dem Iran, mehr als ein Drittel hat einen eigenen Vertreter oder eine Niederlassung.

Butter und alkoholfreies Bier

So weit ist die Deutsche Milch-Kontor GmbH noch nicht. Erst seit Anfang des Jahres liefert sie vom Firmensitz Hamburg aus Butter in den Iran. Für dieses Jahr rechnet Exportmanager Michael Enkelmann mit einem Volumen von 1000 Tonnen. "Das ist für den Anfang sehr gut", sagt er. Sorgen bereite ihm aber die neue Macht der Konservativen: Auch seine Firma sei ein "bisschen verunsichert", weil man befürchte, dass in Zukunft Hemmnisse autreten könnten.

Noch denkt die Unternehmensleitung freilich über eine Ausweitung der Produktpalette nach. Eine Möglichkeit: Energy-Drinks. Dafür, sowie für alkoholfreies Bier und Tiefkühlware gibt es sehr großen Bedarf, sagt Michael Tockuss von der Deutsch-Iranischen Handelskammer. Ganz sorgenfrei ist die Zusammenarbeit mit dem iranischen Partner indes nicht: Immer wieder gebe es Verzögerungen bei der Bezahlung, sagt Enkelmann. Das bestätigen auch andere Unternehmen. Gerade wenn man dann das Geschäft abbrechen wolle, kämen die Iraner doch noch, heißt es. Ihr Credo: Geduld haben.

Aktivität in der Autobranche

Für manch einen hat sich die bereits ausgezahlt. Beispiel Siemens - gerade wurde ein Vertrag für den Bau von 24 Kraftwerken abgeschlossen. Auch die Automobilindustrie orientiere sich inzwischen Richtung Iran, sagt Tockuss. "Da haben wir die ersten im Iran montierten Volkswagen. Und das zweite Unternehmen, das kurz davor steht zu montieren, ist Daimler-Chrysler mit der E-Klasse." Das kündigt Daimler-Chrysler allerdings schon seit einer ganzen Weile an.

Die Franzosen sind da wesentlich aktiver. Nächstes Jahr soll der "Logan" von Renault vom Band rollen, ein Auto ohne Schnickschnack für rund 7000 Euro. Tockuss sieht die Lage jedoch etwas anders: "Ich bin sicher, dass als Basissegment der "Logan" im Iran erfolgreich sein wird. Ich denke, dass der VW-Gol - und von der E-Klasse brauchen wir da gar nicht reden - sich preislich und qualitativ auf einer anderen Ebene abspielt. So geht man den Markt nur unterschiedlich an."

Die Zeit wird zeigen, ob er Recht behält und wer auf diesem schwierigen Markt die richtige Strategie verfolgt.