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Deutscher Zug für Brasilien?

20. April 2011

Deutsche Firmen geben mächtig Gas: Sie bewerben sich um den Bau eines Hochgeschwindigkeitszuges in Brasilien. Dabei bekommen sie Unterstützung aus der deutschen Politik. Auch der Transrapid könnte zum Zug kommen.

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Ein roter ICE Zug (Foto: AP)
Siemens baut bereits ICE-Züge für den russischen MarktBild: AP

Die deutsche Regierung ist zufrieden: Drei weitere Monate hat sie nun Zeit, ein Angebot für den brasilianischen Hochgeschwindigkeitszug Trem de Alta Velicodade, kurz TAV, vorzulegen. Die Ausschreibung wurde von den brasilianischen Behörden zum zweiten Mal verlängert. Die Frist läuft jetzt bis Ende Juli.

Schon bevor die Frist verlängert wurde, hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sein persönliches Engagement angekündigt: "Ich werde alles tun, damit ein deutsches Konsortium zustande kommt und ein gutes Angebot abgibt", sagte er nach einem Treffen mit der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff in Brasilien Anfang April.

Für die Unternehmen Siemens, ThyssenKrupp und Max Bögl ist es ein Wettlauf gegen die Zeit, um formal an der Ausschreibung teilzunehmen. Allem Anschein nach wird das deutsche Konsortium mit Unternehmen aus Korea, Japan, Frankreich, Spanien, Italien und China um den Bau des TAV konkurrieren.

Siemens will den Auftrag

Ansicht der Stadtbahn in Puerto Rico (Foto: dpa)
Auch in Puerto Rico rollen Siemens-ZügeBild: dpa

Siemens ist sehr interessiert an dem Auftrag. Das betont Paulo Alvarenga, zuständiger Leiter bei Siemens Mobility in Brasilien, im Gespräch mit DW-WORLD.DE: "Seit vielen Jahren sind wir bereits an Planungsstudien beteiligt. Unsere Bereitschaft, dieses Projekt zu verwirklichen ist hundertprozentig. Es hat innerhalb des Unternehmens eine hohe Priorität."

Siemens blickt auf eine lange Tradition in Brasilien zurück. Der deutsche Technologiekonzern ist dort seit über 100 Jahren aktiv – und auch aktuell mit offenbar großem Erfolg. Zuletzt hat Siemens fünf der letzten sechs internationalen Ausschreibungen für den Bau von Hochgeschwindigkeitszügen gewonnen. "Sie alle basieren auf der so genannten Rad-Schiene-Technik, die heute die anerkannteste Technologie ist, und zwar aus einem einfachen Grund: Die Kosten sind gemessen an der Lebensdauer des Projektes am niedrigsten", erklärt Alvarenga. Das liege am niedrigen Energiebedarf dieser Technik. Die Kosten für Energie würden lediglich rund 30 Prozent der Betriebskosten ausmachen, sagt Alvarenga.

Ein Transrapid in Brasilien?

Als weitere Option für Brasilien ist der Transrapid im Gespräch. Der von Siemens und ThyssenKrupp entwickelte Zug hat weder Räder und noch läuft er über konventionelle Schienen: Der Transrapid rollt nicht, sondern er schwebt auf einem magnetischen System. Bislang gibt es nur eine einzige, kommerzielle Transrapidstrecke weltweit. Sie befindet sich im chinesischen Shanghai und ist seit 2004 in Betrieb. Die spezielle Trasse für die Magnetschwebebahn hat das deutsche Bauunternehmen Max Bögl entwickelt. "Die Elemente für die Konstruktion sind ganz spezifisch. Sie werden von Maschinen hergestellt, die nur zu diesem Ziel gebaut wurden. Wenn wir die Möglichkeit bekommen, wollen wir Brasilien unser Know-how anbieten und die Technologie transferieren", so Peter Hanf, Vorstand bei Max Bögl. Er betont, dass eine Transrapidstrecke in Brasilien billiger wäre als die Strecke in Shanghai, weil die Kosten inzwischen um rund 30 Prozent gefallen seien. Falls Max Bögl bei der Auftragsvergabe zum Zuge kommt, würde die Firma mit Partnern vor Ort kooperieren. "Das brasilianische Baugewerbe ist uns bereits bekannt, weil es auch internationale Aufträge ausführt", sagt Hanf.

Eine unendliche Geschichte

Der deutsche Transrapid (Foto: AP)
Bislang eher abgehängt: der deutsche TransrapidBild: AP

Welche Option auch immer realisiert werden sollte – ob mit oder ohne deutschem Konsortium – der ursprüngliche Zeitplan ist auf keinen Fall zu halten: "Es ist möglich, in Brasilien einen Transrapid oder ein anderes Hochgeschwindigkeitsmodell zu bauen. Es sind absolut gangbare Projekte, aber es ist nicht davon auszugehen, dass die gesamte Zugstrecke vor der Weltmeisterschaft 2014 fertig sein kann", sagt Siemens-Manager Müslüm Yakisan bei einem Besuch in Brasilien.

Die 500 Kilometer lange Trasse soll die Städte Campinas, São Paulo und Rio de Janeiro verbinden. Sie wäre dringend nötig, um während der Fussball-WM 2014 die Fans zu den Stadien zu bringen – auch um die notorisch überfüllten brasilianischen Flughäfen zu entlasten. Doch daraus wird wohl nichts. Bestenfalls ist mit einer Fertigstellung zu Olympia 2016, ebenfalls in Brasilien, zu rechnen. Als Termin für den Baubeginn ist weiterhin die zweite Jahreshälfte 2012 anvisiert.

Die Verhandlungen zwischen Deutschland und Brasilien über einen Hochgeschwindigkeitszug dauern insgesamt bereits 14 Jahre an. Am Anfang stand eine Machbarkeitsstudie, an der Experten aus beiden Ländern mitwirkten. Doch dann schlief die Sache zeitweilig ein, bis sie Mitte des vergangenen Jahrzehnts wieder ein wenig Schwung erhielt.

Der deutsche Berater Roland Krüger begleitet die Entwicklung von Anfang an. Einen Grund für die lange Verzögerung sieht er in der zögerlichen Haltung der brasilianischen Regierung: "Sie muss sich bewegen, Risiken eingehen und Verantwortung übernehmen." Dabei ist das Risiko, dass der brasilianische Staat eingeht, eigentlich gering. Denn welches Konsortium den Zuschlag auch erhält, die beteiligten Unternehmen müssen die veranschlagten Kosten von rund 15 Milliarden Euro selbst aufbringen. Im Gegenzug dürfen sie die Erlöse aus dem laufenden Betrieb 30 Jahre lang behalten. Bei diesem sogenannten Konzessionsmodell spielt es für den Staat keine Rolle, wenn das Projekt teurer wird als geplant: "Kosten, die darüber hinaus gehen, unterliegen ebenfalls der alleinigen Verantwortung der Investoren, ohne jegliche Belastung des brasilianischen Steuerzahlers", versichert die staatliche Transportagentur ANTT.

Autorin: Nádia Pontes/Julia Maas
Redaktion: Birgit Görtz