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Politik

Berlin übernimmt Antisemitismus-Definition

20. September 2017

Was formell klingt, könnte Folgen für die Bildungs- und Polizeiarbeit haben: Deutschland schließt sich einem international erarbeiteten Verständnis von Antisemitismus an - auch um diesen effektiver bekämpfen zu können.

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Ein Mann mit Kippa in der Neuen Synagoge in Freiburg (Foto: picture alliance/dpa/W. Rothermel)
Ein Mann mit Kippa in der Neuen Synagoge in Freiburg Bild: picture alliance/dpa/W. Rothermel

Dies hat das Bundeskabinett in Berlin beschlossen. Die Klärung des Begriffs hat etwa Konsequenzen für Schulen, die Erwachsenenbildung oder auch für die Ausbildung im Justizwesen und in anderen Behörden. Ziel ist es, die vielfältigen Facetten des Antisemitismus möglichst früh zu bekämpfen.

Definition kommt von Allianz für Holocaust-Gedenken

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere und Außenminister Sigmar Gabriel stellten die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA) vor. Die Begriffsklärung lautet: "Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen." Verabschiedet hatten die Begriffsbestimmung die 31 Mitgliedsstaaten der IHRA im Mai 2016. Israel, Großbritannien, Österreich und Rumänien haben der Definition bereits zugestimmt.

Bundesfamilienministerin Katarina Barley bezeichnete die Verabschiedung als "wichtiges Signal". Für Antisemitismus dürfe es keinen Platz in der deutschen Gesellschaft geben. Im Kampf gegen derartige Tendenzen dürfe nicht nachgelassen werden. Wenngleich der Antisemitismus durch den Zuzug von Muslimen zugenommen habe, dürfe er nicht isoliert betrachtet und einer bestimmten Gruppe zurückgeschrieben werden. "Er durchzieht leider die ganze Gesellschaft", so Barley.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster (Foto: Imago/epd/H. Lyding)
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef SchusterBild: Imago/epd/H. Lyding

"Antisemitische Vorfälle allzu oft ignoriert"

Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte den Beschluss. Zentralratspräsident Josef Schuster erklärte, die Regierung habe ein klares Zeichen gesetzt, dass Antisemitismus in Deutschland weder geduldet noch toleriert werde. "Antisemitismus im Gewand vermeintlicher Israel-Kritik gilt es ebenso zu bekämpfen wie die alten Vorurteile gegenüber Juden", so Schuster. Wenn die Definition künftig in den Schulen, in der Ausbildung im öffentlichen Dienst und in der Justiz berücksichtigt wird, ist damit laut dem Zentralrat ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Antisemitismus getan. Auch die Polizei erhalte so ein Werkzeug an die Hand, mit dem antisemitische Straftaten auch als solche effektiv eingestuft werden könnten.

Auch das American Jewish Committee (ACJ) äußerte sich positiv zu der Entscheidung der Bundesregierung. "Das Fehlen einer einheitlichen Definition hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass antisemitische Vorfälle allzu oft ignoriert wurden", sagte die Direktorin des AJC Berlin Ramer Institute for German-Jewish Relations, Deidre Berger. "Damit ist jetzt endlich Schluss."

sti/uh (afp, epd, kna)