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Deutschland droht massive Neuverschuldung

17. Dezember 2008

Das angekündigte Konjunkturprogramm der Bundesregierung löst ein geteiltes Echo aus. Öffentliche Investitionen werden begrüßt, doch wachsen damit auch die Risiken für den Bundeshaushalt.

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Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (Quelle: AP)
Mit welchen Zahlen kann Bundesfinanzminister Peer Steinbrück rechnen?Bild: AP
Haushaltsexperte Otto Fricke von der FDP (Quelle: DPA)
Haushaltsexperte Otto Fricke von der FDP warnt vor HaushaltslückenBild: picture-alliance / ZB

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Otto Fricke, hat vor einem drastischen Anstieg der Neuverschuldung des Bundes gewarnt. 2009 werde die Nettokreditaufnahme schon ohne ein zweites Konjunkturpaket 30 Milliarden Euro erreichen, sagte der FDP-Politiker der "Financial Times Deutschland" (Ausgabe vom 17.12.2008).

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" kalkuliert auch die Regierung intern mit 30 Milliarden. Das wären rund neun Milliarden Euro mehr als aktuell veranschlagt. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, wies den Bericht allerdings zurück und sprach von reinen Spekulationen.

Die "Rheinische Post" berichtete unter Berufung auf hochrangige Regierungskreise, die Bundesregierung erwarte für 2009, dass die Neuverschuldung wegen der schweren Rezession die Höhe der öffentlichen Investitionen übersteigen wird. Das Bundeskabinett werde deshalb voraussichtlich mit Veröffentlichung des Jahreswirtschaftsberichts am 28. Januar die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklären. Damit könne sie die Vorschrift des Grundgesetzes umgehen, wonach die Kreditaufnahme des Bundes immer unterhalb der Investitionen liegen muss. Die Investitionen sind im Etat 2009 mit 27,22 Milliarden Euro veranschlagt.

Neuverschuldung: 50 Milliarden?

Einschließlich des von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigten Konjunkturprogramms II geht die Neuverschuldung laut Fricke in Richtung 50 Milliarden Euro. Für 2009 plant Finanzminister Peer Steinbrück bisher offiziell mit 18,5 Milliarden Euro. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wiedereinführung und Rückerstattung der Pendlerpauschale kommen aber 2,5 Milliarden Euro hinzu. Diese 21 Milliarden Euro sind jetzt nach Frickes Einschätzung Makulatur.

Im Jahr 2010 werde es noch deutlich schlechter aussehen. Dann müsse der Bund allein auf 3,6 Milliarden Euro Steuereinnahmen verzichten, weil das Verfassungsgericht eine bessere steuerliche Absetzbarkeit von Krankenkassenbeiträgen erzwungen habe.

FDP: Große Haushaltsrisiken

Fricke verwies auf große Risiken im Haushalt 2009. Dieser beruht noch auf der Annahme, dass die Wirtschaft um 0,2 Prozent wächst. Mittlerweile rechnet aber das Bundeswirtschaftsministerium damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um bis zu drei Prozent schrumpft. Ginge das BIP um 2,8 Prozent zurück, fehlten dem Bund Fricke zufolge 15 Milliarden Euro.

Außerdem habe die Koalition trotz der Krise einkalkuliert, dass die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II im kommenden Jahr geringer ausfallen als 2008. "Das ist völlig unrealistisch", kritisierte Fricke, "hier tut sich eine Lücke von vier Milliarden Euro auf". Zudem benötige der neue Gesundheitsfonds 2009 ein Darlehen des Bundes von einer Milliarde Euro.

SPD: "Der Staat muss jetzt schnell reagieren"

SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Struck (Quelle: AP)
SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Struck mahnt zum HandelnBild: AP

"Ich bin für ein Investitionspaket von Bund, Ländern und Gemeinden", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. "Der Staat muss jetzt schnell reagieren." Mit Blick auf eine mögliche Neuverschuldung von 50 Milliarden Euro 2009 sagte Struck: "Wir müssen bei der Bekämpfung der Konjunkturkrise auch über die Neuverschuldung nachdenken." Die SPD plädiert für einen Sonderfonds, um zusätzliche Ausgaben durch Anleihen zu finanzieren. So könne man die Neuverschuldung "schon in den Griff kriegen".

Die SPD will im Rahmen eines zweiten Konjunkturpakets die staatlichen Investitionen erhöhen und die Lohnnebenkosten weiter senken. Gerade für strukturschwache Regionen müsse der Staat mehr öffentliche Gelder bereitstellen, sagte Struck. "Allein in den Gemeinden werden 70 Milliarden Euro gebraucht." Es könne nicht angehen, dass in einem Land wie Deutschland Eltern die Schulklassen ihrer Kinder selbst streichen müssten.

"Riesiger Sanierungsbedarf"

Baukräne (Quelle: AP)
Viele Baustellen sollen die Rezession überbrückenBild: AP

Die Deutsche Bauindustrie hat sich für zusätzliche Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur im Rahmen eines zweiten Konjunkturpakets ausgesprochen. Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Michael Knipper, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Ausgaben vom 17.12.2008), gerade Investitionen in die Infrastruktur brächten alle Voraussetzungen für ein funktionierendes Konjunkturprogramm mit. Beim Bau von öffentlichen Gebäuden und Straßen schöben Bund, Länder und Kommunen einen riesigen Sanierungsbedarf vor sich her. (kas)

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