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Deutschland hilft bei Bergarbeiter-Rettung

1. September 2010

Ein Bohrkopf und ein Antriebsmotor aus Deutschland sind in Chile im Einsatz, um einen Rettungsschacht für die 33 verschütteten Bergleute zu bohren. DW-WORLD.DE hat einen Experten zu den Hintergründen befragt.

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Vorbereitungen zur Bohrung in Chile (Foto: AP)
Der zu bohrende Schacht muss 700 Meter in die Tiefe gehenBild: AP

DW-WORLD.DE: Aus Deutschland wurden ein Bohrkopf sowie ein Antriebsmotor nach Chile geschickt, um das Bohren des Rettungsschachtes für die eingeschlossenen Bergleute zu beschleunigen. Warum sind die beiden Teile für die Bohrarbeiten so wichtig?

Manfred Schmidt (Foto: VDMA)
Bergbau-Experte Manfred SchmidtBild: VDMA

Manfred Schmidt: Der Bohrkopf und der Antrieb sind die wichtigsten Teile an solch einem Bohrer. Weil mit dem Bohrkopf die Arbeit verrichtet wird. Der Antrieb sorgt dafür, dass genügend Kraft zur Verfügung steht. Entscheidend für den Fortschritt der Bohrung ist, dass der Bohrkopf optimal passt und der Antrieb ausreichend groß ist.

In Chile gibt es sehr viel Bergbau und sicherlich auch viele Gerätschaften vor Ort. Warum mussten diese beiden Teile erst aus Deutschland eingeflogen werden?

Es gibt nicht viele dieser Geräte weltweit. Und es kann sein, dass gerade in Deutschland bei einer Firma der richtige Bohrkopf für die gegebenen Bedingungen vor Ort vorhanden war. Die Geologie, die Länge und der Durchmesser der Bohrung sowie die zu erwartenden Schwierigkeiten müssen berücksichtigt werden, um möglichst schnell und sicher voranzukommen. Gerade bei so einer Rettungsbohrung ist man ja um jeden Tag froh, den man früher fertig wird.

Rechnen Sie damit, dass noch weitere Maschinen oder Technik aus Deutschland zum Einsatz kommen, um die 33 verschütteten Bergleute in Chile zu retten?

Ein Bergmann prüft 1963 die Größe der Dahlbusch-Bombe, mit der elf Kumpel aus der Grube in Lengede geholt werden sollen (Foto: AP)
1963: Mit der Dahlbusch-Bombe wurden elf Kumpel aus der Grube in Lengede gerettetBild: AP

Eine Technik, die in Deutschland entwickelt wurde, ist die so genannte Dahlbusch-Bombe. Das ist eine Rettungskapsel mit der ein Bergmann durch einen relativ dünnen Schacht nach oben gezogen werden kann. Solch eine Kapsel war zum Beispiel 1963 beim Grubenunglück von Lengede in Niedersachsen im Einsatz. Da der Schacht, der jetzt für die Bergleute in Chile gebohrt wird, maximal 65 bis 70 Zentimeter Durchmesser haben wird, gibt es im Prinzip keine andere Möglichkeit, als die Männer mit einer solchen Dahlbusch-Bombe einzeln an die Oberfläche zu holen.

Werden Dahlbusch-Bomben heute noch in Deutschland hergestellt?

Die werden nicht hergestellt, weil man davon nicht so viele braucht. In Deutschland mag es drei oder vier davon geben. Im Ausland, vielleicht in den USA, noch zwei oder drei. Das ist kein Massenprodukt. Gott sei dank gibt es nicht so viele Gelegenheiten, um sie einzusetzen. Die Dahlbusch-Bombe wurde nur für den Rettungsfall entwickelt.

Haben deutsche Maschinenbauer bei Bergbaumaschinen auch zukünftig genug Erfahrung?

Deutschland ist einer der führenden Hersteller für Bergbauausrüstung, und das seit mehr als 100 Jahren. In Deutschland wurde die Mechanisierung des Bergbaus eingeleitet. Auch heute noch sind wir führend in der Entwicklung von Hightech-Ausrüstung für die Branche. Auch wenn jetzt der Steinkohlebergbau in Deutschland eingestellt wird, was uns erhalten bleibt, ist der Braunkohlebergbau, außerdem der Kali- und Salzbergbau. Steinkohle war sicher die bekannteste Bergbaubranche, aber nicht die wichtigste. Von der Menge her gibt es an Braunkohle mit Sicherheit zehn Mal so viel.

Manfred Schmidt ist Leiter Technik und Normung beim Fachverband für Bergbaumaschinen im Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA).

Interview: Klaudia Prevezanos
Redaktion: Kay-Alexander Scholz