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Deutschland spielt "fünf gegen fünf"

20. Januar 2010

Nicht nur der Winter lockt Fußballer in die Soccer-Hallen. Das Spielen auf dem kleinen Kunstrasen-Feld ist ein Trendsport. Parallel dazu wird eine brasilianische Hallenfußball-Variante in Deutschland populär.

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Brasiliens ationalmannschaft holt sich bei der 6. Futsal-Weltmeisterschaft am 19.10.2008 im Maracanazinho in Rio de Janeiro den Titel zurück. Im Finale der Hallen-WM wird Titelverteidiger Spanien nach einem 2:2-Stand mit 4:3 im Sechsmeterschießen bezwungen. Falcao avanciert zum besten Spieler der WM. (Foto: dpa)
Brasiliens Spieler Falcao bejubelt den WM-FinalsiegBild: picture alliance / dpa

Berufstätige spielen nach Feierabend mit Kollegen noch eben eine Stunde fünf gegen fünf. Schüler üben mit Klassenkameraden nach der Schule die neuen Tricks von Ronaldo und Co. Amateurvereine nutzen das Kleinfeld in der Halle für eine technisch und physisch anspruchsvolle Trainingseinheit. Und Freunde treffen sich auf einen lockeren Kick, um sich das Bier danach auch sportlich zu verdienen. Zehn Spieler bekommt man schnell zusammen. Die kommerziellen Soccer-Hallen liegen im Trend. Deutschlandweit gibt es mittlerweile über 200 solcher Hallen mit jeweils drei bis vier Spielfeldern. Viele von Ihnen haben Tennishallen verdrängt, die nach Ende der Ära Boris Becker und Steffi Graf kaum noch genutzt wurden. Jetzt heißt es Vollspann statt Topspin.

Es macht einfach Spaß

Die Kunstrasen-Hallen locken mehr und mehr Fußballer nach drinnen
Kinder in der Soccer HalleBild: DW/Lutz Udally

"Wir spielen auch im Sommer drinnen, es gibt keine Eckbälle und Einwürfe, du kannst einfach weiterspielen. Es ist ein schnelleres Spiel, ein Dribbel-Spiel", freut sich der verschwitzte Christos Giataganzidis. "Es macht einfach Spaß und es fallen viele Tore“. Er hatte sich spontan mit Freunden zum Kicken in der Halle getroffen. Der Boden birgt keine unerhofften Überraschungen und beim "fünf gegen fünf" bekommen alle Spieler viele Ballkontakte.

Der Ball ist nie im Aus

Die Besonderheit der 15x30 Meter großen Kunstrasen-Kleinfelder ist die Bande, die direkt an den Pfosten beginnt und rund um das Spielfeld geht sowie ein Netz, das um den gesamten Platz gespannt ist. Der Ball kann also nicht in Aus gespielt werden, sondern nur ins Tor. Dadurch wird ohne Pause und in einem hohen Tempo gespielt. Da ist jede Mannschaft froh, die auch Einwechselspieler mitgebracht hat. Wer fit ist, spielt anderthalb Stunden, den meisten Spielern genügt allerdings eine Stunde.

Die südamerikanische Hallenfußball-Variante Futsal bekommt immer mehr Anhänger in Deutschland und soll 2011 erstmals eine DFB-Liga bekommen. (Foto: Tim Gosses)
Ein Spieler des MSC Strandkaiser Krefeld lässt zwei Gegner stehenBild: Tim Gosses

Der Star ist die Hobby-Mannschaft

Wer sich beim Spiel fünf gegen fünf durchsetzen will, braucht Teamgeist, und auch eine gute Technik ist von Vorteil. Wer hier meint, im Alleingang gewinnen zu können, der wird schnell eines Besseren belehrt. Das Spiel ist schnell - vorn und hinten gleichzeitig kann niemand sein. Und auch das macht den Spaß aus: Das Team ist der Star in der Soccer-Halle.

Renate Krämer hat erst vor zwei Jahren eine neue Soccer-Halle in Troisdorf bei Bonn eröffnet. Seitdem ist die Halle sogar im Sommer ständig belegt. "Tagsüber kommen meist Betriebsmannschaften oder Schüler. Abends kommen dann eher Fußballer, die sich nach Dienstschluss verabredet haben", erzählt Krämer zufrieden. "Abends ist die Halle immer voll, besonders natürlich im Winter“.

Noch schneller geht’s beim Futsal zu

Der spanische Futsal-Nationalspieler Marcelo zeigt sich enttäuscht nach dem Spiel.
Der spanische Futsal-Nationalspieler Marcelo zeigt sich enttäuscht nach dem SpielBild: picture alliance / dpa

Futsal ist in Südamerika entstanden und vom Fußballweltverband FIFA als offizieller Hallenfußball anerkannt. Bei der WM 2008 in Brasilien sahen bis zu 16.000 Zuschauer die Spiele ihrer heimischen Mannschaft und bejubelten schließlich auch den Finalsieg der Selecao gegen den damals amtierenden Weltmeister Spanien. Seit einigen Jahren wächst die noch kleine Futsal-Gemeinde auch in Deutschland. Futsal hat im Gegensatz zum sonst üblichen Hallenfußball einige Besonderheiten. Der Ball ist kleiner, schwerer und springt nicht so stark. Dadurch ist er einfacher und schneller zu kontrollieren.

Flinke Füße machen das Spiel schnell

Meistens nehmen die Spieler den Ball gleich mit der Fußsohle an und mit. Das führt zu einem sehr schnellen Spielfluss. Nach einem Foul oder beim Einwurf hat der Spieler nur vier Sekunden, um den Ball wieder ins Spiel zu bringen. Grätschen wird immer als Foul geahndet, bei fünf Mannschaftsfouls gibt es einen Strafstoß. Beim Futsal gibt es auch keine Bande, deswegen müssen sich die Spieler häufiger in Eins-gegen-Eins-Situationen durchsetzen.

Futsal als Sprungbrett für Talente

Beim Futsal wird der kleinere Ball hauptsächlich mit der Fußsohle angenommen und verarbeitet. Die südamerikanische Hallenfußball-Variante bekommt immer mehr Anhänger in Deutschland und soll 2011 erstmals eine DFB-Liga bekommen.
Ein Krefelder Spieler in BedrängnisBild: Tim Gosses

Die Besten der Zunft, Spanien und Brasilien, spielen schon lange auf höchstem Niveau. Dort gibt es bereits professionelle Futsal-Ligen, auch Italien und Russland spielen mittlerweile professionell. Immer wieder, besonders in Brasilien, werden Hallenspieler zu Profis der Erstligaclubs. Das anspruchsvolle Spiel in der Halle erfordert viel von dem, was auch der moderne Profi-Fußball verlangt. Der prominenteste Futsal-Spieler ist der brasilianische Superstar Falcao. Er schoss über 200 Tore im Nationaltrikot der Selecao, wurde zweimal Futsal-Weltmeister und ist ein Idol für die brasilianischen Nachwuchsspieler. Falcao schaffte 2005 den Sprung in Brasiliens erste Liga. Mit jetzt 32 Jahren spielt er wieder in den Futsal-Hallen.

Ehrenamtlich und doch professionell

In Deutschland steckt Futsal noch in den Kinderschuhen, dennoch bekommt die Fußballvariante immer mehr Aufmerksamkeit. Der Deutsche Fußball-Bund richtet im März 2010 bereits zum fünften Mal einen Futsal-Cup aus. Mittlerweile fördert der DFB auch den offiziellen FIFA Hallenfußball. Das Ziel: Eine eigene Liga und eine konkurrenzfähige Nationalmannschaft. Der Weg ist noch weit.

Ehrenamtlich organisiert gibt es schon viele Klubs, die auf beachtlich hohem Niveau spielen. Die MSC Strandkaiser Krefeld gehören derzeit zum Besten, was Deutschland in Sachen Futsal zu bieten hat. Aus der Liebe zum Sport ist eine große Gemeinde von Fußballverrückten entstanden, die Futsal mittlerweile auf professionellem Niveau betreiben. Tim Gosses ist der Vorsitzende der Strandkaiser und einer der Pioniere des Sports. "Einer unserer Spieler kommt sogar zwei Stunden mit dem Zug, trainiert hier zwei Stunden und fährt wieder zurück", sagt Gosses nicht ohne Stolz. "Das zeigt, mit wie viel Einsatz wir hier bei der Sache sind.“ Aber das nehmen die Futsal-Anhänger gerne in Kauf, um Ihren Sport weiter auf hohem Niveau ausüben zu können.

Lebensfreude als Motivation

Die Futsal-Mannschaft des MSC Strandkaiser Krefeld beim Taktik-Training
Futsal-Taktik-Training der MSC Strandkaiser Krefeld.Bild: DW/Lutz Udally

Hinter dem Verein Strandkaiser, die auch beim Strandfußball in ganz Europa antreten, steht eine Philosophie der Lebensfreude. "Klar wollen wir gewinnen und unser Bestes geben, sonst wären wir nicht erfolgreich", beschreibt Gosses den sportlichen Ehrgeiz. "Aber der Spaß an der Sache ist mindestens ebenso wichtig“. Und die Leidenschaft der Futsal-Spieler bahnt sich langsam ihren Weg. Im Jahr 2011 soll es erstmals eine deutsche Futsal-Liga geben.

Autor: Lutz Udally

Redaktion: Arnulf Böttcher