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Zwischenbilanz Niebel-Reise

Marcel Fürstenau18. August 2012

Entwicklungsminister Niebel hat auf seiner Kenia-Reise ein trilaterales Fischzucht-Projekt gestartet. Es ist bereits die dritte Zusammenarbeit dieser Art in Afrika. Das Modell könnte Schule machen.

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Die Flaggen von Israel, Kenia und Deutschland (Foto: DW / M. Fürstenau)
Bild: DW/M. Fürstenau

Anlass für Dirk Niebels fünftägige Reise in das ostafrikanische Land ist das 50. Jubiläum der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit. Entsprechend zahlreich sind die von ihm und seiner Delegation besuchten Projekte des Evangelischen Entwicklungsdienstes (eed) und des katholischen Hilfswerks Misereor. Doch zum Auftakt stand ein Projekt auf dem Programm, das zwar nichts mit der Kirche zu tun hat, dem deutschen Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aber besonders am Herzen liegt. Dabei geht es um die Förderung der Fischzucht am Viktoriasee, an dem drei Partner beteiligt sind: Als Geberländer Deutschland und Israel, als Nehmerland Kenia.

Niebels persönliche Verbundenheit mit Israel

Wenn der Entwicklungspolitiker Niebel über Israel spricht, ist von dem "strategischen Partner der Zukunft" die Rede. Aber Niebel hat auch ein sehr enges persönliches Verhältnis zu dem Land. Als junger Mann lebte der FDP-Politiker ein Jahr lang in einem Kibbuz in Israel; in dieser Zeit arbeitete er in der Landwirtschaft und Fischzucht. Bereiche, mit denen er rund 20 Jahre später beruflich fast täglich zu tun hat. Natürlich ist das eine rein zufällige Parallele. Seine in der Kibbuz-Zeit entstandene Verbundenheit mit Israel hingegen ist alles andere als Zufall. Von 1998, als Niebel erstmals in den Deutschen Bundestag einzog, bis 2009 war der 49-Jährige stellvertretender Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe.

Dirk Niebel (l.) und Israels stellvertretender Außenminister Danny Ayalon (r.) auf einer Fischzuchtfarm in Kisumu (Foto: DW / M. Fürstenau)
Dirk Niebel (l.) und Israels stellvertretender Außenminister Danny Ayalon (r.) auf einer Fischzuchtfarm in KisumuBild: DW/M. Fürstenau

Der Viktoriasee ist stark überfischt

Ein entscheidender Punkt für die trilaterale Kooperation in Kenia ist Israels Expertise im Wassermanagement. Der unter Wasserknappheit leidende Staat gilt weltweit als führend, wenn es darum geht, trockenes Land in fruchtbare Böden zu verwandeln. Es lag für die deutsche Entwicklungspolitik folglich nahe, israelisches Know-how in der Kooperation mit Partnerländern einzubeziehen. Die erste Dreieckskooperation besteht bereits seit 2009 mit Äthiopien, wo die Bewässerung in der Landwirtschaft effizienter werden soll. Ein Jahr später folgte ein trilaterales Projekt im Bereich des Zitrusanbaus in Ghana. Und dieser Tage fiel der offizielle Startschuss für das Aquakultur-Vorhaben in Kenia.

Hintergrund dieser Zusammenarbeit ist der seit Jahren stark zurückgehende Ertrag beim Fischfang im Viktoriasee. Die Aufzucht von Tilapia-Fischen in Teichanlagen eröffnet den Fischern neue Arbeitsmöglichkeiten. Und mit Unterstützung deutscher Fachkräfte will Entwicklungsminister Niebel zudem eine Wertschöpfungskette von der Zucht über die Verarbeitung bis zur Vermarktung des Tilapias initiieren. In einem weiteren Schritt soll später noch die Wasserqualität des größten afrikanischen Sees verbessert werden. Auch das wäre eine Aufgabe, die Deutschland, Kenia und Israel gemeinsam in Angriff nehmen könnten. Das Wort "historisch" fiel bei der feierlichen Unterzeichnung für das aktuelle Projekt in Kisumu am Ostufer des Viktoriasees immer wieder.

Israels stellvertretender Außenminister Danny Ayalon, Kenias Fischereiminister Amason Kingi, Deutschlands Entwicklungsminister Dirk Niebel und Kenias Premierminister Raila Odinga (Foto: DW / M. Fürstenau)
Danny Ayalon, Kenias Fischereiminister Amason Kingi, Entwicklungsminister Dirk Niebel und Kenias Premierminister Raila Odinga (v.l.n.r)Bild: DW/M. Fürstenau

Kirche fördert Selbsthilfeprojekte

In der Region Kisumu, wo rund eine halbe Million Menschen leben, besuchte der Entwicklungsminister anschließend Selbsthilfe-Projekte, die von den deutschen Hilfswerken der christlichen Kirchen unterstützt werden. Die Bandbreite reicht von landwirtschaftlichen Initiativen bis zur Hilfe für HIV-Infizierte und AIDS-Kranke. Im Beisein der Prälaten Bernhard Felmberg (evangelisch) und Karl Jüsten (katholisch) würdigte Dirk Niebel die in einem halben Jahrhundert kirchlicher Entwicklungshilfe entstandene "ausgeprägte Akzeptanz" bei der lokalen Bevölkerung.

Im weiteren Verlauf seiner Kenia-Reise hat Niebel unter anderem die Perspektiven für die Anfang 2013 anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ausgelotet. Ziel ist es, ethnisch motivierte Gewaltausbrüche wie während und nach der Wahl 2007 zu verhindern. Damals starben rund 1200 Menschen. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt Deutschland den Versöhnungsprozess zwischen verfeindeten Volksgruppen und hilft bei der Vorbereitung der bevorstehenden Wahl.

Volksheld Odinga hofft auf Wiederwahl

Die Wahlen waren auch Thema bei einem Gespräch mit Kenias Premierminister Raila Odinga. Niebel begrüßte die Reformorientierung der Regierung. "Die Erwartungen der Bevölkerung dürfen nicht enttäuscht werden", mahnte der deutsche Gast an. Weitere energische Schritte gegen Korruption seien nötig und die Stärkung der Justiz. Zugleich lobte Niebel die neue Verfassung Kenias als "Meilenstein in der demokratischen Entwicklung" des Landes.

Wie populär Regierungschef Odinga ist, konnte Niebel nach seinem Treffen mit ihm am Viktoriasee erleben. Auf der Rückfahrt ins Hotel blockierten Odinga-Anhänger beim Auftauchen des Fahrzeugkonvois immer wieder die Straßen und feierten ihr Idol. Allerdings war es für Odinga ein Heimspiel, denn er stammt aus der Region Kisumu. Zumindest dort darf er bei der Wahl in wenigen Monaten mit guten Ergebnissen rechnen.