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Deutschland verspricht Afghanistan Hilfe

29. November 2011

Zehn Jahre nach der ersten Afghanistan-Konferenz auf dem Bonner Petersberg trifft sich die internationale Staatengemeinschaft am 5. Dezember erneut in Bonn. Deutschland verspricht Afghanistan langfristige Unterstützung.

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Deutscher ISAF-Soldat in Afghanistan (Foto: AP)
Die Bundesregierung will bis 2014 den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan beenden.Bild: AP

Drei Jahre noch, dann sind die Afghanen wieder selbst verantwortlich für ihren Staat und ihre Sicherheit. So der Plan der internationalen Gemeinschaft, so die Hoffnung der afghanischen Regierung. In Bonn wird der Fahrplan für den Prozess konkretisiert, den der Westen Transition nennt oder "Übergabe in Verantwortung".

Bundesverteidungsminister Maizière (Foto: DW)
Bundesverteidungsminister Maizière im Gespräch mit DW-TVBild: DW-TV

"Wir haben eine politische und militärische Strategie vereinbart, dass wir bis Ende 2014 die bisherige Form des Einsatzes beenden wollen", so Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) im Interview mit DW-WORLD.DE. "Der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte geht ganz gut voran, und zwar nicht nur quantitativ, sondern allmählich auch qualitativ."

Die NATO-Truppen ziehen ab

Gut 130.000 afghanische Polizisten und 175.000 Soldaten sind bereits von ausländischen Ausbildern trainiert worden - eine tragende Säule der internationalen Hilfe. Parallel dazu haben die NATO-Truppen mit dem Abzug begonnen, allen voran die US-Armee. Auch die Bundeswehr, mit derzeit gut 5.000 Soldaten der drittgrößte Truppensteller, reduziert 2012 erstmals ihr Kontingent. Allerdings vorerst nur auf 4.900 Soldaten.

"Wir sind zehn Jahre in Afghanistan, und es können nicht noch weitere zehn Jahre werden", so Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Aber auch in der Zeit nach 2014 will die Bundesregierung Hilfe leisten, vielleicht sogar mit einem neuen Bundeswehr-Mandat. "Es wird weiter Unterstützung geben, und dazu könnten auch deutsche Soldaten gehören, aber dann keine kämpfenden mehr", sagte Verteidigungsminister de Maizière der Deutschen Welle.

Übergabe der Sicherheitsverantwortung in der Provinz Helmand im Juli 2011 von der NATO an die afghanischen Soldaten. (Foto: DW/Mohammed Mojtaba)
In Helmand liegt die Sicherheitsverantwortung bereits in den Händen afghanischer SoldatenBild: DW

Kommt der Rückzug der ISAF zu früh?

Noch aber wird gekämpft, auch im deutschen Verantwortungsgebiet im Norden des Landes. Der Bundeswehr-Experte Marco Seliger findet den gesamten Abzugsplan der NATO-Truppe ISAF fragwürdig. Der Journalist hat gerade ein Buch über den Afghanistan-Einsatz veröffentlicht. Seliger versteht nicht, warum die internationale Gemeinschaft sich vom afghanischen Präsidenten Hamid Karsai auf das Jahr 2014 hat festlegen lassen. "Karsai meint, die afghanischen Sicherheitskräfte würden dann in ihrem Land für Sicherheit sorgen können, was mitnichten der Fall sein wird. Die Aufstandsbewegung in Afghanistan wartet auf diesen Termin, und sie hat viel Zeit."

Lernen aus den Fehlern der Vergangenheit

Zehn Jahre nach dem Sturz der Taliban weiß die internationale Gemeinschaft, dass sie in der Vergangenheit oft zu hohe Erwartungen hatte. Der frühere Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) prägte den Satz, dass Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt werde.

Dazu stehe er noch immer, sagt der Sozialdemokrat heute, aber zehn Jahre nach dem Beginn des Einsatzes sei die internationale Gemeinschaft klüger und erfahrener geworden. "Wir wissen, dass wir allzu blauäugig geglaubt haben, demokratische Strukturen in Afghanistan schaffen zu können. Davon sind wir heute Lichtjahre entfernt. Die Regierung Karsai ist eine bittere, eine korrumpierte und korrumpierende Enttäuschung."

Als Oppositionspolitiker kann Struck das sagen, die Bundesregierung darf es höchstens denken. Sie muss sich mit Karsai arrangieren, bis dessen Amtszeit 2014 endet. Allzu oft hat der frühere Hoffnungsträger mehr versprochen als geleistet: Hilfsgelder versickern, die Aussöhnung mit den Taliban stockt und die afghanische Wirtschaft könnte längst weiter entwickelt sein. Gleichzeitig ist Karsai für den Westen der Garant für eine gewisse Stabilität; er wird den Vorsitz der Bonner Konferenz führen. So wird nach außen demonstriert, dass die Verantwortung in die Hände der Afghanen übergeht.

Michael Steiner, Sonderbeauftragter der Bundesregierung für Afghanistan. (Foto: Michael Kappeler dpa/lbn)
Michael Steiner: "Wir bleiben engagiert auch in der Zeit nach 2014."Bild: picture-alliance/dpa

Hilfe für Afghanistan auch nach 2014

Viele Afghanen hätten Angst, dass sie wieder im Stich gelassen würden, sagt der Afghanistan-Beauftragte der Bundesregierung, Michael Steiner. "Deswegen ist es objektiv und psychologisch so entscheidend, dass wir den Afghanen glaubwürdig versichern: We stay with you! Wir bleiben engagiert auch in der Zeit nach 2014." Das, so Steiner, werde die entscheidende Botschaft der Bonner Afghanistan-Konferenz sein.

Autorin: Nina Werkhäuser
Redaktion: Peter Stützle