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Deutschland bleibt vorn

Jutta Wasserrab21. Mai 2008

China war auf dem besten Weg den Titel 2008 zu ergattern, doch nun soll Deutschland überraschend auch in diesem Jahr Exportweltmeister werden. Und interessanterweise nicht trotz, sondern gerade wegen eines starken Euros.

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Der Wechselkurs hat den deutschen Export schöngerechnetBild: Fotomontage DW

Im Grunde ist es nur ein Rechentrick: Eigentlich haben die Deutschen ihre Exporte im ersten Quartal lediglich um sechs Prozent steigern können - gerechnet in Euro. Damit lagen sie weit hinter den Chinesen. Gerechnet in Dollar allerdings stiegen die Exporte im gleichen Zeitraum um ganze 21 Prozent, auf knapp 380 Milliarden Dollar. Chinas Export-Steigerungsrate lag etwa gleichauf - und das obwohl seine Währung gegenüber dem Dollar deutlich billiger ist als der Euro. Und so wird Deutschland in diesem Jahr voraussichtlich nicht mehr von China einzuholen sein.

Exportweltmeister auf Zeit

Auf Dauer muss Deutschland den ersten Platz allerdings räumen, glaubt Simone Menshausen, China-Expertin bei der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai). China hat in den letzten Jahren massiv in die Exportwirtschaft investiert und enorme Kapazitäten aufgebaut, die der chinesische Markt niemals absorbieren kann. Die müssen jetzt außerhalb Chinas Abnehmer finden, und "in dem Maße werden die Unternehmen noch stärker in die Auslandsmärkte drängen", ist sich Menshausen sicher.

Starke US-Rezession trifft auch China

Wann genau Deutschland den drängelnden Chinesen weichen muss, darüber möchte sie aber lieber nicht spekulieren - schließlich ist das von vielen Faktoren abhängig. Zum einen davon, wie sehr der starke Euro deutsche Exporte ins außereuropäische Ausland bremst, zum anderen aber auch, wie schnell China eine sinkende Nachfrage aus den USA durch Exporte in andere Märkte ersetzen kann. Möglicherweise könnten Waren, die der US-Konsument nicht mehr nachgefragt, nach Indien oder Russland gehen. Ein schnelles Umstellen auf andere Märkte sei allerdings nicht ganz einfach, so Menshausen von der bfai: "Eine wirkliche starke Schwäche in den USA trifft mit Sicherheit auch die chinesischen Exporteure."

USA profitieren vom schwachen Dollar

Bei aller Unsicherheit: Fest steht, dass der schwache Dollar den US-Exporteuren in die Hände spielt. Kurzfristig konnten sie den Chinesen den Titel "zweitstärkste Exportnation" abluchsen, weil der schwache Dollarkurs die amerikanischen Waren in vielen Weltregionen billiger und damit auch wettbewerbsfähiger macht. In China fällt das erste Quartal im Vergleich zu den übrigen aber traditionell schwächer aus, und so wird die USA nicht lange auf Rang zwei bleiben.

Deutschland verdient an China mit

Weder die USA noch die Deutschen sollten sich allerdings zu sehr ängstigen, wenn die Chinesen an ihren vorbeiziehen, denn Amerika und Deutschland verdienen an Chinas Exporten mit. 60 Prozent der chinesischen Ein- und Ausfuhren erledigen Unternehmen, in denen gewissermaßen ein Stück Auslandsinvestition steckt - entweder in Form eines Joint Ventures, einer Minderheitsbeteiligung oder auch eines einhundertprozentigen Tochterunternehmens. "Und da sind auch deutsche Unternehmen massiv beteiligt", beruhigt Menshausen die Gemüter. Ohnehin empfiehlt die China-Expertin Gelassenheit: Was sind schon 80 Millionen Deutsche im Vergleich zu 1,3 Milliarden Chinesen? Zwangsweise würden die Chinesen mehr produzieren und exportieren. An der schieren Größe Chinas komme Deutschland auf Dauer einfach nicht vorbei.