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Deutsche Hilfe für Griechenland

27. Juli 2011

Staat und Wirtschaft bieten Athen deutsches Knowhow in der Verwaltung. Später könnten Investitionen fließen, verkündete Deutschlands Wirtschaftsminister in Berlin.

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Auf eine Griechenlandfahne fallen Ein-Euro-Münzen. werden. (Foto:dpa)
Bevor investiert wird, müssen die Strukturen stimmenBild: picture alliance/dpa

Nur eine Woche nach dem europäischen Sondergipfel lud Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler am Mittwoch (27.07.2011) in Berlin zu einer Investorenkonferenz in Sachen Griechenlandhilfe. Doch um konkrete Investitionen deutscher Unternehmen in dem EU-Land ging es noch lange nicht. Vielmehr hätten die Vertretern aller großen deutschen Wirtschaftsverbände erst einmal die Anforderungen an den südeuropäischen Investitionsstandort formuliert, berichtete der Minister nach dem Treffen: "Es wurde davon gesprochen, dass man hofft, dass die Wirtschaftskultur, die wir hier in Deutschland haben, sich gleichermaßen auf Griechenland wird übertragen lassen können."

Ob bei der Gründung mittelständischer Unternehmen, der Schaffung einer staatlichen Förderbank oder dem Ausfüllen von EU-Förderanträgen, überall sei von den Wirtschaftsverbänden Hilfe angeboten worden, sagte Rösler. Der Außenhandelsverband wolle mit eigenem Personal nach Griechenland gehen, um dort die Exportwirtschaft zu stärken. Das Handwerk will pensionierte deutsche Gewerbelehrer für die Berufsausbildung nach Griechenland schicken.

Proteste in Athen (Foto: dapd)
Noch kein wirklich gutes Investitionsklima in GriechenlandBild: dapd

Frühere Treuhandmitarbeiter für Athen

Rösler will auch im eigenen Ministerium Mitarbeiter rekrutieren, die aus ihrer früheren Tätigkeit bei der "Treuhand" Erfahrungen bei der Privatisierung der einstigen DDR-Staatsbetriebe haben. Eine Absicht, die in Berlin von der Linkspartei sofort heftig kritisiert wurde, weil sie fürchtet, die deutsche Wirtschaft wolle aus der Krise der Griechen Profit schlagen.

Auf die Frage, ob Griechenland so viel deutsches Knowhow wünsche, sagte Rösler, er habe erst am Dienstag mit seinem griechischen Kollegen Michalis Chrisochoidos gesprochen und werde ihn auch nach der Konferenz wieder kontaktieren: "Wie gesagt, wir machen Angebote, aber ich habe den Eindruck, dass diese Angebote sehr gern angenommen werden."

Als mögliche Felder für künftige deutsche Unternehmensinvestitionen nannte der liberale Wirtschaftsminister Telekommunikation, Infrastruktur, Erneuerbare Energien, Abfallwirtschaft und Gesundheitswirtschaft. Die Finanzierung sollte von Privatbanken, der Europäischen Investitionsbank und der staatlichen deutschen KfW-Bank kommen, die bereits jetzt in Griechenland Projekte mit bis zu 10 Millionen Euro finanziere. Über neue Programme werde nachgedacht.

Industrie fordert Begleichung von Außenständen

Ein Arbeiter im Drehgestell eines Eisenbahndrehkrans (Foto: dpa)
Deutsche Maschinen - derzeit kaum nach Griechenland zu verkaufenBild: picture-alliance/dpa

Der Bundesverband der Deutschen Industrie erklärte nach dem Treffen mit dem Wirtschaftsminister, dessen Initiative sei sinnvoll, betonte zugleich aber, private Investitionen müssten allein unternehmerischen Überlegungen folgen. Man wünsche staatliche Unterstützung für mehr Rechtssicherheit und Investitionsschutz. Außerdem dürfte die Rückzahlung offener Forderungen deutscher Unternehmen in Griechenland "großen Einfluss auf zukünftige Maßnahmen und Projekte" dort haben. Die Bundesregierung sollte deutsche Unternehmen unterstützen, einen Fahrplan für die Begleichung der Außenstände zu erarbeiten. Auch beim Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) gab man sich reserviert: "Die Finanzierung von Projekten in Griechenland ist derzeit ungeheuer schwierig", so der VDMA-Vizepräsident Axel Barten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Mitte August will Wirtschaftsminister Rösler mit einer kleinen, im September dann mit einer großen Unternehmerdelegation nach Athen reisen. Die Probleme in Griechenland seien am ehesten mit denen osteuropäischer Transformationsländer vergleichbar, sagte er. Deshalb hatte Rösler auch den polnischen Botschafter in Berlin zu dem Treffen geladen, der über die erfolgreiche Umstrukturierung seines Landes berichtet habe.

Autor: Bernd Grässler
Redaktion: Henrik Böhme