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Kasachische Energie

Bernd Gräßler 2. September 2008

Zu den Wirtschaftspartnern, die Berlin in den vergangenen Jahren besonders aufmerksam behandelt hat, gehört das rohstoffreiche Kasachstan. Vor allem die Öl- und Gasquellen sind für Deutschland interessant.

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Ölförderung in Westkasachstan: Pipeline und Messgerät in der Nähe der Stadt Aktau am Kaspischen Meer (Foto: Stefano Grazioli)
Ölförderung in Westkasachstan: Pipeline und Messgerät in der Nähe der Stadt Aktau am Kaspischen MeerBild: Stefano Grazioli

Im Wettlauf um kasachisches Öl und Gas will auch Deutschland mithalten. Nach Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und Wirtschaftsminister Michael Glos besuchte ab Dienstag (2.9.2008) auch Bundespräsident Horst Köhler für drei Tage die zentralasiatische Republik.

In Wirtschaftsblättern feiert man Kasachstan schon als künftige zweitgrößte Erdölquelle für Deutschlands Wirtschaft. Tatsächlich besitzt das zentralasiatische Steppenland die weltweit größten Vorkommen, die in den vergangenen 20 Jahren entdeckt wurden, und ist mittlerweile die Nummer fünf unter den deutschen Erdöllieferanten.

Russisch-georgischer Krieg belastet Entwicklung

Doch der kasachische Stern am Energiehimmel wird vom russisch-georgischen Krieg verdunkelt. Karl-Ernst Brauner, Außenwirtschaftsexperte im Bundeswirtschaftsministerium, formuliert vorsichtig, die Entwicklungsperspektiven für den Transport von Gas und Öl aus Kasachstan nach Europa seien jetzt ein wenig eingetrübt.



Im Wirtschaftsministerium betont man zwar, wie klug Kasachstan seine Beziehungen zu Russland und zum Westen ausbalanciere. Bislang laufe das kasachische Öl auch zuverlässig nach Europa, durch russische Pipelines. Doch letzteres passt schlecht mit dem Wunsch zusammen, die deutsche Versorgungssicherheit auf mehr Schultern zu verteilen. Der weitere Ausbau von Transportwegen von Kasachstan nach Europa außerhalb Russlands ist ungewiss. Denn auch für Pipelines durch das Kaspische Meer wäre die Zustimmung des Anliegerstaates Russland erforderlich. Und Moskaus Ja gilt als relativ unwahrscheinlich.

Deutschland konkurriert mit China und Indien

Abgesehen davon ist auch der übrige Transitweg nicht ohne Risiko: Aserbaidschan, Armenien, Georgien, der Iran oder sogar Afghanistan. Angesichts dessen müssen die Europäer damit rechnen, dass Kasachstans Nachbarland China ihnen im Wettlauf um Öl und Gas den Rang abläuft. Die Volksrepublik ist schon seit Jahren ständig auf der Suche nach immer neuen Energiequellen.

Im Bundeswirtschaftsministerium will man jedoch auch darin etwas positives sehen: Sollten China und auch Indien kasachisches Öl und Gas geliefert bekommen, so dass Deutschland das Nachsehen hat, würde dies den Weltmarkt für Energie an anderer Stelle entlasten. Und dort, so meint Brauner vom Wirtschaftsministerium, hätte Deutschland dann leichteren Zugang.

Seit Jahren profitieren deutsche Ausrüster vom kasachischen Rohstoffboom, der neben Öl, Gas und Kohle auch Kupfer, Zink, Wolfram, Blei, Silber und nicht zuletzt Uran umfasst. Firmen aus Leipzig haben die Ölpipeline von Kasachstan nach China mitgebaut und liefern Förderanlagen für den weltgrößten Steinkohletagebau Ekibastus. Die Sachsen waren schon zu DDR-Zeiten mit der damaligen Sowjetrepublik Kasachstan im Geschäft.

Mittlerweile liegt die Zahl deutscher Firmen bei 200, die eine Vertretung in Kasachstans futuristischer Hauptstadt Astana haben. Selbst Mittelständler sehen Chancen und etablieren sich mit Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums. Beispielsweise die Magdeburger Firma NordLam, die Kasachen beispielsweise von den Vorzügen von Dachkonstruktionen aus Brettschichtholz überzeugen möchte.

Geschäftskontakte durch Fortbildungen



Der vom kasachischen Staat geförderte Bauboom lockt Firmen an. Allerdings, so berichten Banker, hat die internationale Finanzkrise auch Spuren hinterlassen im zentralasiatischen Rohstoff-Eldorado. Kasachische Banken sind nicht mehr so großzügig mit den für solche Geschäfte notwendigen Kreditgarantien.

Bei der Anbahnung von Geschäften in Kasachstan spielte anfangs oft die deutschstämmige Minderheit eine Rolle, ebenso alte Kontakte aus DDR-Zeiten. In jüngster Zeit helfen zudem die Fortbildungsprogramme für junge kasachische Manager in deutschen Unternehmen. Diese Unternehmenskontakte führen laut Brauner in der Regel auch zu Geschäftskontakten.

Geschäfte für 500 Millionen Euro geplant

Am Rande des Köhler-Besuches in Kasachstan sollen Vereinbarungen im Werte von knapp einer halben Milliarde Euro getroffen werden. Außenwirtschaftsexperte Brauner vom Bundeswirtschaftsministerium begleitet mit 13 Unternehmern Bundespräsident Köhler auf seiner Asienreise. Zu den wissenschaftlichen Projekten gehört auch das Schweißen von Pipelines mit Lasertechnik. Ob das Öl durch die Röhren dann nach Europa oder eher nach China fließt, wird sich zeigen.

Karte Zentralasiens mit Kasachstan (Quelle: DW-WORLD.DE)
Karte Zentralasiens mit Kasachstan
Ölarbeiter in Kasachstan (Foto: Stefano Grazioli)
Ölarbeiter in KasachstanBild: Stefano Grazioli
Ausschnitt: Öl-Pipeline vom kasachischen Tengis zum russischen Hafen Noworossiisk (Foto: dpa)
Öl-Pipeline vom kasachischen Tengis zum russischen Hafen NoworossiiskBild: picture-alliance/ dpa