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Deutschland wird Tabakwerbung verbieten

13. Juni 2006

Angesichts einer drohenden Niederlage im Streit um die europäische Tabakwerberichtlinie kündigte Verbraucherminister Horst Seehofer an, er wolle die EU-Vorgaben "unverzüglich" umsetzen.

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Der Griff zur Zigarette soll zumindest nicht durch Werbung angeregt werdenBild: AP

Angesichts einer drohenden Niederlage im Streit um die europäische Tabakwerberichtlinie kündigte Verbraucherminister Horst Seehofer am Dienstag (13.6.2005) in Berlin an, er wolle die EU-Vorgaben "unverzüglich" in nationales Recht umsetzen. Reklame für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse in Zeitungen, Zeitschriften und Internet sowie bei Sportveranstaltungen mit Fernsehübertragung würde dann auch in Deutschland und damit EU-weit gestoppt. Die Rufe nach einem gesetzlichen Rauchverbot werden indes in Deutschland lauter.

Die Vorentscheidung im Streit um das Tabakwerbeverbot fiel am Dienstag in Luxemburg. Dort schlug EU-Generalanwalt Philippe Leger dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, die deutsche Klage gegen die EU-Richtlinie zur Tabakreklame abzuweisen. Falls der EuGH dieser Linie folgt, wäre Deutschland wie alle anderen EU-Staaten zum Werbeverbot gezwungen. Die Gutachten des Generalanwalts sind für die Richter nicht bindend, geben aber oft die Richtung ihres Urteils vor.

Brüssel zuvor kommen

Seehofer will das deutsche Tabakwerbeverbot auf den Weg bringen, bevor der EuGH in einigen Monaten entscheidet. Eine Klausel im Gesetz soll für den Fall vorsorgen, dass die EU-Richter doch der deutschen Klage stattgeben. "Es ging bei dieser Klage nie darum, den Nichtraucherschutz zu blockieren, sondern immer um die Frage der Regelungskompetenz zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten", erklärte Seehofer in Berlin.

Die Wirtschaft warnte vor einer Umsetzung des Tabakwerbeverbots in Deutschland. "Dies ist ein schwarzer Tag für den deutschen Tabakwarenhandel", teilte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels mit. Das Verbot gefährde mehr als 40.000 Kioske, Tankstellen und Tabakläden. Die Tabakindustrie zeigte sich enttäuscht von dem Signal aus Luxemburg. "Für ein legales Produkt sollte auch geworben werden dürfen", sagte der Vorstandssprecher der Reemtsma Cigarettenfabriken, Richard Gretler. Die Werbung richte sich nur an erwachsene Raucher.

Die Verleger von Zeitungen und Zeitschriften sowie die
Werbebranche befürchten Einbußen von 118 Millionen Euro im Werbegeschäft, etwa die Hälfte davon in Zeitschriften und Zeitungen. Die Bierbrauer halten Einschränkungen der Werbefreiheit bald auch bei Alkohol für möglich.

Europäischer Regelungsbedarf

Die umstrittene Richtlinie vom Mai 2003 verbietet weitgehend Tabakwerbung in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Internet. Die EU begründete dies mit dem Streben nach EU-einheitlichen Werberegeln. Damit sollte sicher gestellt werden, dass die bis dahin von Land zu Land sehr unterschiedlichen Werbeverbote grenzüberschreitende Rundfunkübertragungen und den Handel mit Presseerzeugnissen nicht behindern. Dafür sei die Richtlinie auch notwendig gewesen, erklärte nun der EuGH-Generalanwalt Léger. Handels- und Dienstleistungshindernisse seien insbesondere im Austausch mit den neuen EU-Ländern immer wahrscheinlicher geworden. (kas)