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Fall Amerell

16. Februar 2010

Manfred Amerell, der bis zu seinem Rücktritt vor wenigen Tagen im DFB-Schiedsrichterausschuss saß, hat angeblich junge Referees sexuell belästigt. Es handle sich nicht um einen Einzelfall, teilte der DFB mit.

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Die Beine von drei Linienrichtern, die eine Fahne nach unten halten. Foto: Ap
DFB will "Abhängigkeits- verhältnissen vorbeugen"Bild: picture-alliance/ dpa

Unabhängig voneinander, so der DFB, hätten mehrere Schiedsrichter zu Protokoll gegeben, "von Herrn Amerell in der Vergangenheit bedrängt und/oder belästigt worden zu sein." Sie hätten so lange geschwiegen, weil sie private oder berufliche Nachteile gefürchtet hätten. "In Summe aller vorliegenden Erkenntnisse steht aus Sicht des DFB fest, dass Herr Amerell seine Pflichten als Mitglied des Schiedsrichterausschusses klar verletzt hat."

Amerells Anwalt kritisiert DFB

Portrait Manfred Amerell. Foto: picture-alliance/dpa
Schwer beschuldigt: Manfred AmerellBild: picture-alliance/dpa

FIFA-Schiedsrichter Michael Kempter hatte die Affäre um den früheren Referee Manfred Amerell ins Rollen gebracht. Der 27-Jährige hatte sich im Dezember an den DFB gewandt und Amerell vorgeworfen, ihn sexuell belästigt zu haben. Erst einen Monat später war DFB-Chef Theo Zwanziger über den Vorfall informiert worden. Manfred Amerell bestreitet die Anschuldigungen. ""Ich habe in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt einen jungen Bundesliga-Schiedsrichter sexuell belästigt", erklärte der 62-Jährige. Sein Anwalt warf dem DFB vor, juristische Grundsätze zu missachten. Weder er, noch sein Mandant wüssten, was Amerell konkret vorgeworfen werde. Der DFB habe jegliche Auskunft verweigert.

"Fußball keine heile Welt"

Der DFB kündigte Konsequenzen aus der Affäre an. Die bisherige Praxis, dass junge Schiedsrichter über einen langen Zeitraum von einer einzelnen Person beobachtet und bewertet wurden, müsse reformiert werden. Ziel werde sein, "mehr Transparenz in die Abläufe zu bringen und Abhängigkeitsverhältnissen effektiver vorzubeugen." Das Fehlverhalten einzelner dürfe nicht systematisch unter den Teppich gekehrt werden. "Der Fußball ist keine heile Welt und das Schiedsrichterwesen auch nicht. Deshalb dürfen wir auch nicht so tun", sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger.

Zwanziger lobt Kempter

Schiedsrichter Michael Kempter vor einem Spiel. Foto: picture-alliance/dpa
Brachte Affäre ins Rollen: Michael KempterBild: picture alliance / dpa

Es gehe im Fall Amerell nicht um die Bewertung sexueller Neigungen. "Wir wollen nicht, dass sexuelle Orientierung diskrimiert wird", so Zwanziger. "Der DFB setzt sich für einen offenen, toleranten Umgang miteinander ein." Es sei aber unzulässig, die betroffenen Personen in den Kontext Homosexualität zu stellen. Sie hätten Vorgänge öffentlich gemacht, "über die viel zu lange geschwiegen wurde. Schiedsrichter wie Michael Kempter verdienen unseren Respekt und ich hoffe sehr, dass er von allen Fußballfans die uneingeschränkte Unterstützung bekommt, die er verdient hat." Kempter war nach Bekanntwerden der Affäre bis auf Weiteres von Schiedsrichter-Einsätzen freigestellt worden. Zwanziger stellte eine Rückkehr Kempters in die Bundesliga in Aussicht.

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Joachim Falkenhagen