1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Di Santo: "Bundesliga ist nicht nur Bayern"

Daniel Martinez14. März 2015

Der argentinische Stürmer von Werder Bremen Franco Di Santo, zurzeit der erfolgreichste lateinamerikanische Spieler der Bundesliga, spricht mit der DW über das Ansehen des deutschen Fußballs und die Dominanz der Bayern.

https://p.dw.com/p/1EqJF
Franco Di Santo streckt im Werder Bremen-Trikot seine Zunge raus. Foto: Getty Images
Bild: Joern Pollex/Bongarts/Getty Images

DW: Herzlichen Glückwunsch Herr Di Santo, die Saison läuft sehr gut für Sie mit Bremen. Sie haben bereits zwölf Tore erzielt und sind derzeit der Topspieler aus Lateinamerika in der Bundesliga. Wie erklären Sie sich diese Glückssträhne?

Franco Di Santo: Ich bin der Meinung, dass das auf eine Reihe von positiven Dingen zurückzuführen ist. Alles funktioniert besser, wenn man sich im Verein wohl fühlt, wenn man sich mit den Kollegen versteht, oder wenn man keine Schwierigkeiten in der Familie hat. Es würde mir nicht so gut gehen, wenn es nicht auch bei der gesamten Mannschaft so gut laufen würde. Manchmal glaube ich ganz fest, dass dieser besondere Moment kein Verdienst von mir ist, sondern die Auswirkung der Leistung aller anderen Spieler.

Solche Zeiten sind eher neu bei Bremen, die Mannschaft musste in der jüngsten Vergangenheit auch schwierige Phasen durchmachen. Wie haben Sie solche Situationen überstanden?

Ich war nie verzweifelt. Ich sah die Qualität der Spieler, die mir zu dieser Zeit als Kollegen zur Seite standen und konnte nicht anders als eine positive Einstellung einnehmen. Das Team hat mir geholfen an uns und an das, woran wir arbeiteten, zu glauben. Diese Gruppe hat mich immer ermutigt mein Bestes zu geben. Jetzt genießen wir auch zusammen die etwas besseren Zeiten.

Deswegen ist dies auch ein guter Zeitpunkt, um Bayern als Gegner entgegenzutreten. Sie werden das Spiel aufgrund der Ansammlung von gelben Karten verpassen. Sind Sie enttäuscht?

Es ist kein schönes Gefühl fehlen zu müssen. Insbesondere finde ich es ärgerlich, weil ich in meiner guten aktuellen Verfassung dem Team hätte helfen können. Es tut weh, aber andererseits kann ich mich nicht beklagen. Dieses Mal bin ich nicht dabei, aber es kommen noch weitere Spiele. Deswegen ist es mir lieber, die Dinge positiv zu betrachten. Aber klar, ich hätte gerne gegen die Bayern gespielt.

Wären Sie den Bayern auch so respektvoll, fast ehrfurchtsvoll begegnet, wie es fast alle anderen Gegner in Deutschland tun?

Man begegnet den Bayern mit dem Respekt, den sie sich durch ihren Erfolg erarbeitet haben. Sie haben in den letzten Jahren fast alles gewonnen, deswegen verdienen sie von jedem Gegner Respekt. Ich spüre Achtung und keine Furcht vor den Bayern. Trotzdem vergisst man nicht, dass am Ende elf Männer gegen elf Männer spielen, von denen alle nur zwei Beine haben.

Hat man nicht langsam das Gefühl, dass in der Bundesliga nur Bayern zählt?

Fußball Champions League Bayern München vs Schachtjor Donezk
Di Santo: "Die Bayern haben von jedem Gegner Respekt verdient".Bild: A. Pretty/Bongarts/Getty Images

Im Ausland sind sehr viele Leute davon überzeugt, dass die Bundesliga nur von den Bayern-Spielen lebt. Das ist aber ganz falsch. Die anderen Teams in Deutschland sind keineswegs schlecht, das Problem ist nur, dass die Bayern momentan auf einer anderen Ebene spielen. München hat eine sehr gute Mannschaft, dort ereignet sich gerade etwas Besonderes. Ganz ehrlich: wenn Bayern in der Premiere League spielen würde, würden sie auch dort den Titel gewinnen, oder zumindest einen spannenden Kampf um die Meisterschaft abliefern.

Vermittelt diese Situation nicht trotzdem ein verzerrtes Bild der Bundesliga?

Natürlich. Viele Menschen blicken auf die Bundesliga, sehen Bayern mit einem Vorsprung von elf Punkten auf den zweiten, Wolfsburg, an der Tabellenspitze und sagen: "Gott, sind die anderen schlecht". Das ist aber nicht so. Die anderen Vereine sind auch in einer tollen Verfassung. Wer das nicht glauben will, muss sich die internationalen Leistungen von Schalke oder Leverkusen dieser Saison ansehen. Schalke spielte in Spanien gegen Real Madrid, den Titelverteidiger der Champions League, und gewann in deren Stadion das Spiel. Nur dank des Torwarts Iker Casillas hat Real das Viertelfinale erreicht. Um ein weiteres Beispiel zu nennen, Leverkusen hat einen überzeugenden Sieg über Atletico Madrid eingefahren. Atletico Madrid war der Champions League-Finalist des letzten Jahres!

Wird der deutsche Fußball im Ausland unterbewertet?

Die Bundesliga wird manchmal geringgeschätzt. Bei vielen Fans im Ausland herrscht der Eindruck, alle Mannschaften, mit Ausnahme von Bayern München, seien eher mittelmäßig. Das ist leider eine ungerechte Betrachtung, die Bundesliga ist eine sehr wettbewerbsfähige und spannende Liga. Ich bin stolz, ein Teil davon zu sein.

Haben Sie schon Situationen erlebt, in denen Sie die Bundesliga gegen die falsche Unterschätzung verteidigen mussten?

Anstatt die Bundesliga zu verteidigen, musste ich eher über bestimmte Sachverhalte aufklären. Ich habe immer wieder betont, dass Deutschland die anderen Ligen um nichts beneiden muss. Oft sind die Leute auf das Beispiel der Premiere League fixiert, die weltweit sehr populär ist. Das liegt jedoch weniger an einem Qualitätsunterschied zur deutschen Liga als an einem Vorsprung im Marketing-Bereich, den es seit Jahrzehnten gibt.

Glauben Sie, dass die Bundesliga in nächster Zukunft ein besseres Ansehen im Ausland genießen wird?

Seit Dortmund und Bayern 2013 das Finale der Champions League gegeneinander spielten, begannen ausländische Fans das höhere Niveau der Bundesliga zu erkennen. Für den deutschen Fußball ist es sehr wichtig, dass viele Leute im Ausland die Bundesliga verfolgen können. So können Sie diese Liga auch besser verstehen und nicht nur an Bayern denken.

Und dabei werden diese Fans auch sehen, was Sie erreichen wollen, und das ist...

Kurzfristig möchte ich zurück in die argentinische Nationalmannschaft. Damit ich dieses Ziel erreiche, muss ich hier in Bremen ständig eine gute Leistung bringen, damit das Team in einer guten Tabellenposition die Saison beendet. Ich möchte auch mehr internationale Erfahrung sammeln, möglichst in den wichtigsten Turnieren des Kontinents. Mit Bremen sind wir der Qualifikation für die Europa League sehr nah. Wir können es schaffen, wenn wir Schritt für Schritt gehen. Mit Bescheidenheit, aber auch mit der Überzeugung, dass uns aufgrund der Qualität unseres Spiels Vieles gelingen kann.

Franco Di Santo, der 1,93 Meter große Argentinier trägt mit seiner Qualität maßgeblich zum Aufschwung von Werder Bremen bei. Seine nun zwölf Tore erzielte er bei nur 17 Saisoneinsätzen. In der Rückrunde bestritt er sechs Spiele - und traf sechsmal. Seine Qualitäten sind die herausragende Technik und die Schnelligkeit. Di Santo hat bei Werder einen Vertag bis zum 30. Juni 2016.

Das Interview führte Daniel Martinez.