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Nichtregierungsorganisationen Bonn

3. September 2011

Das Rote Kreuz, Fairtrade, BUND – Nichtregierungsorganisationen sind im Kampf für eine gerechte und nachhaltige Welt nicht mehr wegzudenken. In Bonn diskutieren sie mit UNO-Vertretern über nachhaltige Gesellschaften.

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Das Gebäude der UNO in Bonn (Foto: dpa)
Bonn ist der Sitz von 18 UN-AgenturenBild: picture-alliance/dpa

Paris, Mexiko, Melbourne und jetzt Bonn – seit 64 Jahren trifft sich einmal im Jahr die UNO-Hauptabteilung für Presse und Information (UNDPI) mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus allen Erdteilen. Man will den Dialog pflegen über die Themen, die die Welt bewegen. Bonn, immerhin Sitz von 18 UN-Agenturen und nicht weniger als 150 NGOs, gilt für Maria-Luisa Chávez, die Leiterin der UNDPI-NGO-Abteilung, als "Hauptstadt der Nachhaltigkeit und des Ehrenamts". Deshalb sieht sie in Bonn den idealen Ort für die Konferenz.

Über 2200 Teilnehmer werden vom 03. bis zum 05. September 2011 über die Rolle der Zivilgesellschaft beim Wandel der Gesellschaft zu einem nachhaltigen Modell diskutieren. "Wir müssen unseren Lebensstil, unsere Wirtschaftsmodelle, unsere gesellschaftliche Organisation und die Politik verändern, um die Fäden zusammenzuziehen, um die Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Wasser, Energie und Nahrungsmittel zu berücksichtigen" – zitiert Chávez ihren obersten Chef, UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Nichtregierungsarbeit hat eine lange Tradition

Die Ursprünge der regierungsunabhängigen, nicht gewinnorientierten Organisationen gehen zurück bis ins 19. Jahrhundert. Damals wurden die ersten Menschenrechtsorganisationen gegen die Sklaverei gegründet. Seitdem hat ihre Anzahl und Bedeutung stark zugenommen. Vor allem in den Bereichen Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte und humanitäre Hilfe verschaffen sie den Meinungen und Forderungen der Zivilgesellschaft in der Politik Gehör – und viele erbringen vor Ort wertvolle Dienstleistungen.

Eine Frau füttert ihren unterernährten Sohn in einem Krankenhaus in Japala, Guatemala. (Foto: ap)
Im Kampf gegen Armut helfen NGOs wie die WelthungerhilfeBild: AP

Das Kürzel "NGO" für das englische "non-governmental organisation" hat sich nach der Gründung der UNO 1945 durchgesetzt. Die Weltkonferenzen der Vereinten Nationen haben maßgeblich zur wachsenden Bedeutung und Akzeptanz dieser Organisationen als Stimme der Zivilgesellschaft beigetragen. Vor allem die als "Erdgipfel" in die Geschichte eingegangene UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro gilt als Meilenstein. Die NGOs konnten sich zum ersten Mal offiziell in den Vorbereitungsprozess einbringen. Viele nutzen zudem die Gelegenheit, um auf einem alternativen "Global Forum" ihre Positionen öffentlichkeitswirksam vorzutragen.

Brücke von Bonn nach Rio

Der "Erdgipfel" jährt sich im kommenden Jahr zum 20. Mal. Und die Vorbereitung dieses "Rio+20"-Gipfels steht hoch auf der Agenda in den Bonner Workshops. Felix Dodds, Exekutivdirektor des "Stakeholder Forum for a sustainable Future" ist Vorsitzender der Konferenz und in Sorge: "Unser Planet steht zurzeit unter erheblichem Druck", so der britische Aktivist. "Es sind keine guten Zeiten für die nachhaltige Entwicklung oder die Umwelt. Und es könnte noch schlimmer kommen – wenn uns Rio 2012 keinen neuen Fahrplan für eine nachhaltige Entwicklung liefert".

Favela in Rio de Janeiro, Brasilien (Foto: UNESCO)
Auch am Ort des Erdgipfels in Rio de Janeiro ist die Kluft zwischen arm und reich großBild: UNESCO

Wenn die Regierungen die vielen Versprechen umsetzen würden, die sie in Rio, New York oder Kopenhagen gemacht hätten, wäre die Welt auf dem richtigen Weg, so Dodds. Danach aber sieht es nicht aus.

In den kommenden Tagen wollen die Konferenzteilnehmer Empfehlungen verabschieden, die in den Vorbereitungsprozess von "Rio+20" einfließen sollen. Seit 1992 habe sich einiges verändert, sagt Konferenzvorsitzender Dodds. Der Klimawandel, der Zusammenhang zwischen Umwelt und Sicherheit, Nahrungsmittel-, Wasser- und Energiesicherheit hätten sich als vorrangige Themen herausgestellt. Außerdem habe das Konsumverhalten in den nördlichen Ländern das Nord-Südgefälle verstärkt. Auch in den Industrieländern gehe die Schere zwischen reich und arm weiter auseinander. Die Konferenz wird zu all diesen Themen Empfehlungen erarbeiten.

Weniger Worte, mehr Taten

Bernward Geier, ehemaliger Direktor des Weltdachverbands der biologischen Landbaus IFOAM, ist Koordinator der an der Konferenz beteiligten deutschen NGOs. Vor knapp 20 Jahren war er in Rio als begeisterter Teilnehmer dabei. Seitdem hat er "zu viel Rhetorik und zu wenig Aktion gesehen", bilanziert der Agrarexperte. Rio 2012 sieht er als letzte Chance, Worte in Taten umzusetzen. Das Engagement der Bonner Konferenzteilnehmer stimmt ihn optimistisch.

Greenpeace Aktivisten befestigen ein Transparent an der Christus-Statue von Rio aus Protest gegen die Ergebnisse von "Rio+10" 2002 (Foto: ap)
Greenpeace protestierte gegen die Ergebnisse von "Rio+10".Bild: AP

"Wenn ich das Momentum sehe, das wir gerade hier in Bonn haben, wenn ich sehe, wie die deutsche NGO-Community, die bekanntlich eher UNO-kritisch ist, sich jetzt doch hat mitreißen und begeistern lassen, dann habe ich ein ganzes Stück Hoffnung. Denn wir haben globale Probleme, und wir müssen auch die Lösung im globalen Kontext entwickeln, um sie dann lokal und regional umzusetzen."

Auf die Frage, ob die Vielzahl der internationalen Konferenzen nicht zu einer gewissen Konferenzmüdigkeit führe, hat Konferenzvorsitzende Felix Dodds eine klare Antwort: Nur Konferenzen, die keinen Erfolg brächten, führten zu Verdruss und Müdigkeit. "Wenn Konferenzen erfolgreich sind, sind Regierungen und die Öffentlichkeit zufrieden. Rio wird erfolgreich sein. Und auch wir werden eine erfolgreiche Konferenz haben, die die Öffentlichkeit und die Politik als sehr wichtig ansehen werden."

Autorin: Irene Quaile
Redaktion: Matthias von Hein