1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die alternative Welle

6. Juni 2002

Vor 25 Jahren ging Radio Dreyeckland zum ersten Mal auf Sendung. In den 1970er und 1980er Jahren galt der Piratensender als als Feind des Bürgertums. Doch die wilden Jahre sind vorbei.

https://p.dw.com/p/2NBQ

In die Mikrofone von Radio Dreyeckland sprechen noch immer Menschen mit Überzeugung. Der Sender, der aus der badischen und elsässischen Anti-Atomkraft-Bewegung entstanden ist, versteht sich als Sprachrohr der linksalternativen Szene in Baden-Württemberg.

"Medium der Gegenöffentlichkeit"

Anti-Atomkraft Demo
Anti-Atomkraft Demo 1986 in HamburgBild: AP

Die erste Sendung von Radio Dreyeckland war genau zwölf Minuten lang. Gefunkt wurde mit einem kleinen, leistungsschwachen Sender und einer Antenne, die symbolträchtig auf einem Strommast der französischen Elektrizitätsgesellschaft EdF installiert worden war. Denn mit dem Piratensender artikulierten deutsche und französische Atomkraftgegner ihren Widerstand gegen den elsässischen Meiler Fessenheim.

Katz und Maus mit der Polizei

Doch dabei blieb es nicht. Linke Gruppen nutzten die Übertragungen für die Verbreitung ihrer Forderungen. Und legten sich dadurch mit der Staatsmacht an. Weil Radio Dreyeckland damals keine Sendegenehmigung hatte, lieferten sich Radiomacher und Polizei jahrelang ein Versteckspiel.

Buchenwald
Bild: Bilderbox

Gesendet wurde von unbekannten Orten - aus Wäldern, einer besetzten Fabrik in Colmar und einem leer stehenden Fabrikgelände in Freiburg. Die Polizei versuchte mit Hubschraubern, Hundestaffeln und Ortungsgeräten das unbequeme Radio anzupeilen und auszuschalten - jedoch ohne Erfolg. Auch Hausdurchsuchungen bei etlichen Radiomachern und ihren Freundeskreisen brachten nicht das gewünschte Ergebnis.

Lizenz nach 11 Jahren

Im Gegenteil: Zahlreiche Freiburger solidarisierten sich mit Radio Dreyeckland, innerhalb weniger Wochen wurden 12 000 Unterschriften für eine Sendelizenz gesammelt. Im November 1988 sendete Radio Dreyeckland erstmals mit einer Lizenz, eine Änderung des Landesmediengesetzes machte aus dem Piratensender elf Jahre nach seiner Gründung einen legalen Rundfunkanbieter. Aus einem festen Studio in einer ehemaligen Gießerei sendet das nichtkommerzielle Radio seither ein 24-Stunden-Programm - komplett ohne Werbung.

Abseits vom Trampelpfad

Altes Radio Rundfunkgerät
Bild: Illuscope

"Wir sind eine Alternative zum Dudelfunk", sagt Ulrike Huber, eine von 250 Radiomachern, die in 80 Redaktionen arbeiten. Auf Sendung gehen beispielsweise der Knastfunk, Radio International, das Frauen- und Lesbenradio, die Sendung "Punks gegen Langeweile" sowie 15 fremdsprachige Programme.

Ans Mikrofon darf jeder, der die linke Ideologie des Senders unterstützt. "Wir wollen bewusst nicht objektiv sein", sagt Huber. Rundfunkerfahrung sei nicht erforderlich. "Viele junge Menschen nutzen Radio Dreyeckland zum Experimentieren", sagt Huber. Inzwischen sei der Sender etabliert, die politischen Auseinandersetzungen der Anfangszeit spielten heute keine Rolle mehr. (dpa/arn)