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Die Angst vor dem Wahlkampf

Wolter von Tiesenhausen1. März 2002

Wenn immer ein heikles, sprich umstrittenes Thema die Gesellschaft bewegt, erschallt der Warnruf, gerade dieses dürfe auf keinen Fall in den Wahlkampf gezogen werden. Warum denn nicht, fragt sich Wolter von Tiesenhausen.

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Zur Bekräftigung heißt es dann, so etwas dürfe nicht auf Stammtischniveau diskutiert werden. Glaubt man den Gazetten und den dort wiedergegebenen Äußerungen der edlen, wichtigen und vor allem guten Menschen im Lande, so gibt es kaum etwas hässlicheres als einen Wahlkampf.

So ein Moralhammer sitzt, dem hat ein biederer Politdiskutant nichts mehr entgegen zu setzen. Und nur ganz im Stillen fragt er sich, warum eigentlich soll ein wichtiges, viele Menschen interessierendes, ja bewegendes Thema nicht auch in Wahlzeiten diskutiert werden? Gehört es nicht im Gegenteil gerade vor einem Urnengang auf die politische Tagesordnung?

Wer so denkt, denkt zu schlicht. Der meint tatsächlich, der Bürger, der Mann und die Frau auf der Straße, seien befugt, sich den Kopf über die Politik - zu deutsch "die öffentlichen Dinge" - zu zerbrechen. Weit gefehlt. Dafür hat er die Meinungsbilder, jene, die an Rednerpulten, vor Kameras und Mikrophonen, in den Zeitungsspalten sagen und schreiben, wo es langzugehen hat. Sie haben den in Volkshochschulrunden und evangelischen Akademien geschulten Überblick, den weiten Horizont, viel weiter als jeder Stammtisch sich jemals vorstellen kann. Ihre einzige Sorge scheint zu sein, daß sich der Bürger und Wähler in Wahlzeiten darauf besinnt, daß es ja eigentlich er ist, der das Sagen im Lande hat.