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Die Apotheke Europas

26. April 2002

Jeden Tag legen "Kräuterschiffe" aus aller Welt im Hamburger Hafen an. In ihren Bäuchen: Kamillenblüten, Nelken, Nieswurz oder Ginseng. Von Hamburg aus geht die Reise weiter ins Teekontor oder zum Heilkräuter-Händler.

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Landungsbrücke in HamburgBild: Illuscope

Ein Schiff unter afghanischer Flagge liegt am Hamburger Burchardkai. Es hat Süssholzwurzeln geladen, die helfen bei Magenbeschwerden. Ein Schiff aus dem türkischen Izmir liegt am Eurokai, den Bauch voller Eberraute. Aufgebrüht zu Tee beugt Eberraute Herpesbläschen vor. Ein Frachter aus Südafrika hat containerweise Adonisröschen geladen - zur Behandlung von Herzkrankheiten. Doch bevor die Kräuter ihre heilende Wirkung entfalten dürfen, haben sie noch einiges vor sich.

Blume des Jahres
Bild: AP

Das Kräuterkontor

Rund 1000 verschiedene Heilkräuter stapeln sich in Alveslohe, einem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein, in einem Lager des Martin-Bauer-Konzerns, dem wohl größten Heilkräuter-Händler der Welt. Gabelstapler kurven zwischen deckenhohen Regalen herum und karren Säcke und Pappkartons mit Kamillenblüten zu einem offenen Container an der Ladeluke. Es riecht nach Orient und Okzident, undefinierbar, aber irgendwie ganz lecker. In den Regalen lagern 200-Kilo-Säcke, mit Henkeln daran, als könnte man sie huckepack wegtragen.

Laborarbeiterinnen in Taschkent
Bild: AP

Die Extraktion der Wirkstoffe

Schon auf dem Parkplatz riecht es nach Kräutersud. Drinnen, auf den Fluren der Firma Finzelberg in Ulzburg/Schleswig-Holstein wird der Geruch immer intensiver. Heilkräuter werden hier extrahiert - geliefert ab Lager, in gewünschter Menge, in gewünschter Mischung. Es sieht aus wie in einer Raffinerie, überall stahlgraue Kessel und Tanks und Rohre und Druckmessgeräte.

Das Prinzip der Extraktion funktioniert ein bisschen wie Tee kochen. Die getrockneten Kräuter werden in Lösungsmittel eingeweicht. Diese entziehen die Wirkstoffe, bis die Kräuter völlig ausgelutscht sind. Anschließend wird das Kräuterkonzentrat eingedampft, getrocknet und gemahlen. Heraus kommt am Ende ein Granulat. Oder ein Pulver. Oder ein sogenanntes Dickextrakt. Alle drei sind Grundstoffe für Medikamente.

Medizin
Bild: Bilderbox

Arnzei auf Pflanzenbasis

Pflanzliche Arnzeien werden immer beliebter - die "sanfte Medizin" auf natürlicher Basis ist im Trend. "Wenn das Kraut schon nicht hilft, schaden kann es auf keinen Fall" - so die landläufige Meinung. Ein fataler Irrtum. Beispielsweise wirkt Digitalis, der giftige Fingerhut, richtig dosiert, gegen Herzkrankheiten. Aber wehe, wenn es zu viel des Guten war ... (Sabine Eichhorst/arn)

Das Kulturfeature "Die Apotheke Europas" hören Sie bei DW-RADIO am Samstag, dem 27. April 2002, um 8:35 Uhr MESZ in der Sendung "Unterwegs in Deutschland".