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Die Atom-Lüge

Udo Bauer, Washington13. März 2003

Das FBI will die Hintergründe von gefälschtem Geheimdienstmaterial klären, das nachweisen sollte, dass Irak sein Atomprogramm wieder beleben will. Aus Washington berichtet DW-TV-Korrespondent Udo Bauer.

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Noch ist nicht klar, ob die amerikanische Bundespolizei FBI formal mit der Untersuchung des Falls betraut wird. Die Recherchen seien in einem sehr, sehr frühen Stadium, verlautet aus der Polizeibehörde in Washington. Es geht um eine brisante, für die Bush-Regierung peinliche Angelegenheit. Der CIA hatte vor geraumer Zeit dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammed El Baradei, Dokumente überlassen, die angeblich belegen, dass Irak versucht hat im afrikanischen Niger Uran zur Herstellung einer Atombombe zu erwerben. Sowohl Briten als auch Amerikaner sprachen von ‚key evidence’, also vom corpus delicti.

"In gutem Glauben"

El Baradei hatte in seinem letzten Bericht an den UN-Sicherheitsrat diese Atomlüge öffentlich platzen lassen. Der Briefwechsel zwischen irakischen Agenten und einem nigrischen Ministerium sei ‚nicht authentisch’, sprich gefälscht. Ziemlich schlecht gefälscht, wie sich mittlerweile herausgestellt hat. Der Name des Ministeriums in einem Briefkopf war lange nicht mehr gültig. Und die Daten der Briefe waren nicht vereinbar mit den Daten der Eingangsstempel. Ist es glaubhaft, so fragt man sich, dass es einem der besten Geheimdienst der Welt nicht auffällt, dass ein Brief früher empfangen als geschrieben wurde?

El Baradei vermied es, die nahe liegende Antwort zu geben und zeigte nicht mit dem Finger auf Washington oder London, woher die Dokumente ursprünglich stammten. "Die Dokumente wurden uns in gutem Glauben zugeleitet", ließ seine Behörde mitteilen, nachdem US-Beamte zugegeben hatten, dass sie "darauf reingefallen" sind.

"Nicht zutreffende Informationen"

Also wird "der Fälscher" jetzt außerhalb des CIA oder des britischen MI-6 gesucht. Es handele sich um ein Drittland, hieß es Mitte dieser Woche aus den Geheimdienstzentralen, ein Drittland, das offenbar Interesse an einem Krieg gegen Irak habe. Um welches Land es sich dabei handelt, wurde – wen wundert’s - nicht bekannt.

Auch weitere ‚Informationen’ der Amerikaner für ein geheimes irakisches Atomprogramm stehen seit langem als "nicht zutreffend" (Zitat El Baradei) fest, was freilich weder den US-Präsidenten noch seinen Außenminister daran hindert, sich weiter auf sie als ‚handfeste Beweise’ zu beziehen. Zum Beispiel die oft erwähnten an Irak gelieferten 81-Millimeter-Aluminiumröhren. Die Amerikaner behaupten, sie seien für Zentrifugen zur Anreicherung von Uran gedacht. Mehrere unabhängige Experten-Kommissionen und die UNO waren übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt, dass diese Röhren nicht für Zentrifugen bestimmt waren, sondern eher für den Bau von Raketen.

Bessere Quellen

David Albright, Präsident des Washingtoner "Instituts für Wissenschaft und Internationale Sicherheit" sagte der "Washington Post" dazu folgendes: "Obwohl wir Powells Beamten die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen erläutert hatten, macht die Regierung weiterhin irreführende Angaben über die Bedeutsamkeit dieser Röhren."

Kommentar des State Department zu dieser Anschuldigung: Man habe mehrere Experten konsultiert, man habe mehr und bessere Geheimdiensterkenntnisse und –quellen als die UNO und man stehe deshalb weiterhin zu diesen ‚Beweisen’.