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"Die Banken wollen die Regulierung"

5. Oktober 2009

Vielen Banken geht es nach überstandener Krise wieder besser. Geht jetzt alles so weiter wie bisher? Nein, sagt Andreas Schmitz, der Präsident des Bankenverbandes im Gespräch mit DW-WORLD.DE

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Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (Foto: DPA)
Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher BankenBild: picture-alliance/ dpa

DW-WORLD.DE: Herr Schmitz, die Finanzkrise hat gezeigt, dass die Banken zur Absicherung riskanter Geschäfte mehr Eigenkapital benötigen. Dazu hat Bundesbankpräsident Axel Weber hier in Istanbul vorgeschlagen, die Banken sollten zumindest für ein Jahr auf die Ausschüttung einer Dividende an die Aktionäre und von Bonuszahlungen an Mitarbeiter verzichten und das Geld für eine bessere Eigenkapitalausstattung verwenden. Was halten Sie davon?

Andreas Schmitz: Ich kann Herrn Weber in dem Punkt nur zustimmen. Natürlich gibt es noch Banken, die über eine Eigenkapitalausstattung verfügen, die im Hinblick auf noch kommende Wertberichtigung verbesserungsfähig ist. Hier stärkt er auch den Vorständen den Rücken, wenn es darum geht, Dividenden für dieses Jahr auszusetzen, um eben die Eigenkapitalbasis auf weitere Probleme vorzubereiten. Probleme, die man nicht ausschließen kann, die aus der Realwirtschaft heraus kommen.

Sie fordern mehr Regulierung und Aufsicht - ja sogar eine neue globale Finanzmarktarchitektur. Das ist doch mit der City of London und der Wall Street gar nicht zu machen. Die wollen doch ihren Standortvorteil nicht einbüßen. Mir scheint, die deutschen Banken haben das Büßergewand angelegt und fordern eine grundsätzliche globale Neuordnung, weil es die garantiert nicht geben wird. Dann kann alles so bleiben wie es ist…

Also, diesem Eindruck muss ich widersprechen. Erstens fordern wir eine bessere Regulierung, auch in Deutschland. Vieles wird ja unter dem Stichwort "Business as usual" abgehandelt, als würden alle so weitermachen wie bisher. Die deutschen Banken haben aber schon sehr viel getan und wir fahren unser Geschäft mit viel größerem Eigenkapital als bisher, mit größeren Liquiditätspuffern. Und was Deutschland angeht, sind auch die Vergütungsmodelle entsprechend bereits angepackt worden, werden neu attestiert und sind in vielen Fällen auch schon umgesetzt worden.

Wird nicht mit der Diskussion über Boni in der Öffentlichkeit davon abgelenkt von den wirklich entscheidenden Fragen und von den nötigen Strukturreformen? Muss nicht dafür gesorgt werden, dass Banken eine gewisse Größe nicht überschreiten, weil sonst die Staaten immer gezwungen sein werden, zur Hilfe zu eilen?

Den ersten Teil Ihrer Frage kann ich natürlich uneingeschränkt mit Ja beantworten. Das Thema Boni ist ein Nebenkriegsschauplatz. Wenn die Banken eine höheres Eigenkapital brauchen und auch vorhalten müssen demnächst, dann wird unser Kredithebel geringer. Und damit unsere Renditemöglichkeiten. Das ist eigentlich der beste Hebel um die Vergütungsstrukturen entsprechend dem Markt anzupassen. Der zweite Teil Ihrer Frage geht nach der Größe einer Bank. Die eigentliche Frage ist: Wann ist eine Bank systemrelevant? Ist eine Deutsche Bank, wäre sie in Österreich, also in einem Land mit einem kleineren Bruttosozialprodukt systemrelevant? Und eins möchte ich Ihnen auch sagen: Die deutsche Wirtschaft mit ihren Großunternehmen braucht große starke Banken, die auch international tätig sind und das geht nur ab einer gewissen Größe. Denn sonst haben wir keine nationale Bankenindustrie.

Herr Schmitz, Sie wollen zurück zur Verbriefung von Krediten, um darüber den Markt bei der Kreditvergabe wieder in Gang zu bringen. Wie wollen Sie denn verhindern, dass das wieder in die alten Zustände führt, die zur Krise geführt haben?

Ich glaube durch ein starkes Augenmerk auf Qualität. Verbriefung, wie gesagt, ist per se nichts Schlechtes. Der gesamte Rückversicherungsmarkt basiert auf diesem Prinzip. Nur wenn eine Idee exzessiv gelebt wird, wenn diese gute Idee pervertiert wird, haben wir ein Problem. Wir müssen das auf den Kern dieser Idee zurückschrauben und da heißt klare Aussage, es müssen gute Qualitätsforderungen an eine solche Verbriefungsstruktur sein und an die Bank, die sich damit beschäftigt.

Hier in Istanbul wird viel darüber diskutiert wie Banken und Staaten nach der Krise wieder zur Normalität zurückkehren können. Wann müssen die Notenbanken ohne die Erholung die Weltwirtschaft zu gefährden, wieder zu höheren Leitzinsen zurückkehren?

Ich glaube, das ist die meistgestellte Frage dieser Tage. Aber es gibt keine allgemeingültige Antwort. Es ist auch von Land zu Land unterschiedlich, weil Länder in unterschiedlichen Stadien dieser Zyklen sind und das macht es insbesondere in Europa so schwierig. Das muss abgestimmt werden und ich beneide die Notenbanker nicht um diese Aufgabe. Es gilt, was mal ein alter Notenbankgouverneur in den USA gesagt hat: Man muss die Bowle wegstellen, bevor die Party wieder beginnt.

Das Gespräch führte Karl Zawadzky

Redaktion: Henrik Böhme

Andreas Schmitz ist Präsident des Bundesverbandes Deutscher Banken und Sprecher des Vorstandes der Privatbank HSBC Trinkaus & Burkhardt AG, Düsseldorf.