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Die berühmtesten Fresken der Welt

18. April 2005

Seit 1870 ist die "Sixtinische Kapelle" an der Ostseite des Petersdoms Ort des Konklaves zur Papstwahl. Das weltberühmte Deckengemälde von Michelangelo und die Fresken ziehen jedes Jahr Millionen Touristen an.

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"Die Schöpfung"Bild: AP


Gerade einmal 33 Jahre ist der Künstler alt, als er mit seinen Farbtöpfen die päpstliche Hauskapelle betritt. Über ihm die Leere, eine Idee im Kopf: "Die Erschaffung Adams" und "Das Jüngste Gericht".

Sixtinische Kapelle im Vatikan Michelangelo
Ein Kandelaber aus Marmor in der Sixtinischen Kapelle im VatikanBild: dpa

Die Fresken Michelangelos, die zwischen 1508 und 1512 entstanden, gelten als das größte Kunstwerk der Renaissance. Tatsächlich ist es wohl keinem vor und nach Michelangelo gelungen, Szenen aus der Schöpfungsgeschichte so einfühlsam, farbgewaltig und plastisch darzustellen. Umhüllt von Engeln und Sibyllen, den schönen Prophetinnen, und unter dem wachsamen Blick Gottes wählen die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle den neuen Papst. Nachdem im 16. Jahrhundert mehrfach Kardinäle Papst wurden, die im Konklave genau unter Peruginos "Schlüsselübergabe des Petrus" saßen, gab es Gerangel um diesen Platz. Dem Zeremonienmeister blieb nichts anderes übrig, als die Sitze zu verlosen.

Mühevolle Kleinarbeit

Die Kapelle wurde zwischen 1477 und 1482 auf Wunsch von Papst Sixtus IV. gebaut. Daher auch der Name: "Sixtinische Kapelle". Mit einer Länge von 40,5 Metern und einer Breite von 13,2 Metern soll sie die gleichen Maße haben wie der legendäre Tempel des Königs Salomon. Sie ist mit Fresken von Renaissance-Malern wie Botticelli, Perugino und Michelangelo reich verziert. Die Malereien an den Wandseiten zeigen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.

Vocazione dei primi Apostoli von Ghirlandaio
Das Wandbild "Vocazione dei primi Apostoli" des italienischen Künstlers Domenico Ghirlandaio aus dem 15. JahrhundertBild: dpa

Zunächst war die Kapelle nur mit einem schlichten Gemälde von Pier Matteo D'Amelia dekoriert, bevor Papst Julius II. schließlich den jungen Michelangelo Buonarroti (1475-1564) mit einer opulenteren Ausmalung des Deckengewölbes beauftragte. In mühevoller Kleinarbeit schuf er 391 atemberaubende Gestalten im Altarraum, neun Bilder mit Szenen der Schöpfungsgeschichte und prächtige nackte Figuren mit aus Papstsymbolen gewobenen Girlanden. Michelangelo muss unter unsäglichen Mühen auf dem Rücken liegend arbeiten, vier Jahre lang, dann ist die Ausmalung der Sixtinischen Kapelle fertig. Halb blind wird er dabei, zu oft tropfte ihm Farbe in die Augen.

Gen Osten ausgerichtet

Kurz nach Sonnenaufgang in Stonehenge
Kurz nach Sonnenaufgang in StonehengeBild: AP

Michelangelo bedient sich - bewusst oder unbewusst - der antiken Sonnensymbolik, die obgleich mythologischen Ursprungs schon im frühen Christentum mit dem christlichen Glauben verschmolz: Wie die Sonne abends im Westen untergeht und morgens im Osten wieder auf, so erwartete man intuitiv die Wiederkehr Christi am Jüngsten Tag aus Osten. Deshalb sind auch die Altarnischen christlicher Kirchen traditionell nach Osten ausgerichtet. Die Hölle ist am rechten Bildrand nur angedeutet, - ganz anders als bei herkömmlichen mittelalterlichen Darstellungen der Verdammnis und des Fegefeuers, die in aller Regel die Qualen der Sünder überaus drastisch schildern.

Die Nackten und die Verdammten

Andere Künstler hatten in ihren Darstellungen des Jüngsten Gerichtes die Seligen oft durch standesgemäße Kleider als Bischöfe oder Könige, Ordensleute oder Bürger gekennzeichnet. Bei Michelangelo sind alle nackt, nur eine Gruppe ist klar zu identifizieren: die Heiligen. Der Mensch steht hier vor Gott, wie er tatsächlich ist und nicht wie er sein möchte oder wie er sich gewandet.

Michelangelo, Sixtinische Kapelle
Das "Jüngste Gericht"Bild: AP

Die "Ignudi" stießen schon zu Lebzeiten des Künstlers auf herbe Kritik. Zeremonienmeister Biagio da Cesena sagte, dass "die vielen nackten Körper, die ihre Scham zur Schau stellen, für einen so ehrwürdigen Ort wie die Papstkapelle unschicklich und eher für eine Badestube oder ein Wirtshaus geeignet" seien. Prompt wurden ab 1564 einige nackte Figuren mit "Höschen" und Stoffstücken versehen. Erst bei der Restaurierung kam die Nacktheit der Gestalten wieder ans Tageslicht - ebenso wie die überwältigende Farbenpracht der Fresken, die seit Jahrhunderten unter einer Ruß- und Staubschicht verborgen lag. (arn)