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Die Botschaft der Flüchtlinge

Sabine Kinkartz, Berlin27. August 2016

Hunderttausende Flüchtlinge durchquerten vor einem Jahr Europa. Wie unverzichtbar das Smartphone auf der lebensbedrohlichen Reise war, darüber diskutierte ein DW-Podium beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung.

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Deutsche Welle Podium "Soziale Medien in der Flüchtlingskrise" beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung
Mohammad Ghunaim und Mohammad Khalefeh zwischen den DW-Mitarbeitern Mischa Heuer und Maissun Melhem (v.l.)Bild: DW/S.Kinkartz

Mohammad Khalefeh, geboren in Aleppo, aufgewachsen in Damaskus, lebt seit 14 Monaten in Deutschland. Mohammad Ghunaim, ebenfalls aus Damaskus, ist vor acht Monaten nach Deutschland gekommen. Die beiden jungen Männer sind vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen. Ihre Flucht führte sie über die Türkei, das Mittelmeer, Griechenland und die sogenannte Balkanroute Richtung Norden. Was sie dabei erlebt haben, ist dokumentiert. Auf Fotos und Videos, aufgenommen von ihnen selbst auf der langen und lebensbedrohlichen Reise.

"Mein Smartphone ist auf der Flucht zu meinem Bruder geworden", sagt Ghunaim. Er benutzt das Gerät nach wie vor, will es nicht austauschen, weil es für ihn überlebenswichtig gewesen sei. "Es ist für mich ein kleines Büro, ich mache alles damit." Wenn Ghunaim mit seiner Mutter in Damaskus telefoniert, hört er die Geräusche detonierender Bomben. Eine Information, die er über die sozialen Netzwerke teilt. Auf diesem Weg hat er auch die Videos und Fotos seiner Flucht weitergegeben. Sie sind für ihn eine Botschaft an die Europäer und die Deutschen, um zu zeigen, wie es den Menschen auf der Flucht ergangen ist.

Deutsche Welle Podium "Soziale Medien in der Flüchtlingskrise" beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung
Mohammad Ghunaim kann ab Oktober in Hamburg studierenBild: DW/S.Kinkartz

Zeugnisse aus erster Hand

Die eigene Flucht filmen, das machen viele Flüchtlinge. Facebook, Twitter und Instagram sind zu einer digitalen Pinnwand geworden, einer Fundgrube von Informationen. Auch für Journalisten, sagt DW-Redakteur Mischa Heuer. "Es sind Augenzeugenberichte, Zeugnisse aus erster Hand." Es seien so viele Menschen auf der Welt auf der Flucht, auf so vielen Routen, an so vielen Orten, das könnten die Medien mit ihren eigenen Reportern gar nicht alles erfassen. Daher ist die Sichtung von Twitter, Facebook und Co. für die Deutsche Welle inzwischen zu einem festen Bestandteil in der Recherche geworden.

Welche Rolle die sozialen Medien in der Flüchtlingskrise hatten und haben, darüber informierte Heuer am Tag der offenen Tür der Bundesregierung in einer Gesprächsrunde, die er zusammen mit Maissun Melhem moderierte, die für die arabische Redaktion der Deutschen Welle arbeitet. Heuer spricht von einem "game changer". Die sozialen Netzwerke hätten in der Flüchtlingskrise "die Dinge verändert".

Wie teuer wird das?

Wie sonst hätten die Flüchtlinge ihre Angehörigen in der Heimat auf dem Laufenden halten können? Wie sonst hätten die Menschen trotz sich ständig verändernder Routen Wege finden können, die tatsächlich nach Europa führten? Wie hätten sich die Helfer bundesweit organisieren können? Wie hätten Schlepper - die dunkle Seite der Flucht - ihre Kunden finden können? Auch Mohammad Khalefeh hat seinen Schlepper über Facebook gefunden. "Er hat mir über den Messenger geschrieben, dass wir uns in Izmir treffen können und dann würde er mir auch sagen, wie teuer es werden würde."

Aus Videos und Bildern, die Flüchtlinge über Twitter, Facebook und Co. verbreitet haben, hat die Deutsche Welle in diesem Frühjahr eine 90 Minuten langen Dokumentation gemacht. Ihr Titel #MyEscape. Mohammad Ghunaim hat an dem Film mit gearbeitet, seine Aufnahmen sind ebenfalls eingeflossen. "Das sind Bilder, die wir in den mutigsten Hollywood-Filmen nicht finden würden", sagt DW-Moderatorin Maissun Melhem.