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Die Buchhandlungen

12. März 2010

Rund 5.000 gibt es. Klingt nach wenig, ist aber viel. Deutschland hat weltweit mit die höchste Dichte an Buchläden. Und eine Menge an spezialisierten und leidenschaftlichen Buchhändlern.

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Buchhandlung "Buchreigen" in Berlin. (Foto: DW)
Bild: DW/Wojcik

Nicola Rübsam lebt ihren Beruf. Betritt ein Leser ihre Buchhandlung "BuchReigen" ist sie eigentlich immer anzutreffen und berät den Buch-Suchenden. Nicola Rübsam öffnet um 11 Uhr, stellt zunächst einige ihrer reduzierten Bücher nach draußen und geht die Bestelllisten durch. "Der Tag hat so Wellen, dass vormittags eher mehr Kunden kommen und am späten Nachmittag, wenn die ganzen Kinder aus den Kindertagesstätten abgeholt werden." Dann ist Nicola Rübsams Buchwissen gefragt. "Je nachdem welche Kunden kommen, bedeutet das für mich unterschiedlich viel Beratungszeit. In den Sommerferien ist es immer ganz viel, denn wenn Leute in Urlaub fahren, brauchen sie auf einen Schlag 20 Bücher."

Ein Mensch, ein Buch

Buchhändlerin Nicola Rübsam (Foto: DW)
Das richtige Buch als Lebensaufgabe: Nicola RübsamBild: DW/Wojcik

Täglich Leser zu beraten, die anfangs noch nicht wissen, welches Buch sie wollen oder brauchen, das klingt ermüdend. Für Nicola Rübsam ist es jedoch die Essenz ihres Berufs. Sie sieht ihre persönliche Aufgabe darin, genau das Buch zu finden, das die Person sucht. Das sei ein Moment des Glücks. "Ich habe irgendeine Fähigkeit, eine intuitive Verknüpfung. Wenn Menschen kommen, fallen mir zu denen Bücher ein." Nicola Rübsam bietet vor allem Belletristik, Kinder- und Jugendbücher und auch einige Sachbücher an. Zweimal im Jahr erhält sie von den Verlagen Vorschauen. Dann kommen viele Kilo Prospekte an, die sie mit nach Hause nimmt. Auch wenn sie das Meiste weiterblättert, gleicht diese Auswahl aufgrund der Vielfalt für sie einer "inneren Weltreise".

Ganz persönlich: die Auswahl des Sortiments

Bei rund 80.000 Neuerscheinungen im Jahr ist klar, dass Nicola Rübsam nur einen Bruchteil der Bücher in ihr Sortiment aufnehmen kann. Dieser Verantwortung ist sie sich bewusst. "Ich habe eine unterschiedlich starke Sympathie für Verlage. Ich habe manchmal ein Bedürfnis, dass gewisse Verlag überleben können."

Beim Hammer Verlag gehe ihr das beispielsweise so, da es sie begeistert, wie er sich für afrikanische Autoren einsetzt. "Da fühle ich mich als Buchhändlerin zum ersten Mal gefordert: Was kann ich machen, dass ich den Verlag gut präsentiere." Auch von anderen Verlagen nimmt sie Bücher in ihr Sortiment auf, die sie für politisch oder ethisch wichtig hält. "Das ist dann was ganz Persönliches. Ich möchte dann, dass so viele Menschen wie möglich wissen, dass es gewisse Bücher gibt."

Deutsche Besonderheit: heute bestellen, morgen abholen

Buchhandlung "Buchreigen" in Berlin. (Foto: DW)
Klein, fein, guter Service - die Strategie gegen große KonkurrenzBild: DW/Wojcik

Dennoch kann jeder Kunde bei ihr, wie in allen anderen Buchhandlungen in Deutschland auch, Titel bestellen. Eine deutsche Besonderheit: Dank ausgeklügelter Logistik kann in über 80 Prozent der Fälle das Buch am nächsten Tag abgeholt werden. Um in Konkurrenz zu den großen Buchhandlungsketten mithalten zu können, hat Nicola Rübsam aber zusätzlich noch ein besonderes Konzept überlegt: Sie kauft ihren Kunden einmal gelesene aber aktuelle Bücher wieder ab und verkauft sie für die Hälfte des Neupreises. Ein "BuchReigen" eben, wie es der Name des Ladens schon verspricht, die Bücher werden reihum weiter gegeben. "Dadurch, dass ich gebrauchte Bücher verkaufe, puffere ich mein Risiko ab", sagt sie. Damit hat sie auch eine Chance gegen die großen Buchketten zu bestehen.

Politische Entscheidung: Einkaufen im Kiezbuchladen

Den Internethandel fürchtet sie hingegen nicht. Sie macht in ihrem Laden die Erfahrung, dass immer häufiger Menschen kommen, die sich bewusst für eine kleine Buchhandlung entscheiden. Eine politische Entscheidung sei dies oft, sagt sie, gegen den Internethandel und für die individuelle Beratung. Sicherlich ist ihr Stadtviertel, der Helmholtzplatz im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg, eine Art Biotop. Und doch kann ihr "BuchReigen" stellvertretend für den deutschen Buchhandel gesehen werden. Denn kleine Buchläden wie der von Nicola Rübsam, die sich in der Konkurrenz zu den großen Buchketten durchsetzen, haben eine lange Tradition in Deutschland.

Autorin: Nadine Wojcik

Redaktion: Gabriela Schaaf/ Marlis Schaum