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Geplatzte Budgetverhandlungen

Christoph Hasselbach14. November 2012

Das Europaparlament fordert mehr Geld für die EU: als Nachtrag für das laufende Jahr, für 2013 und auch darüber hinaus. Die Mitgliedsstaaten wollen sparen. Der Zielkonflikt droht zur nächsten großen Krise zu werden.

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Flaggen der EU-Mitgliedsländer Photo: Getty Images/AFP
Bild: Getty Images/AFP

Die Verhandlungen über den EU-Haushalt 2013 sind geplatzt. Die Abgeordneten des Europaparlaments weigerten sich, zu den Verhandlungen zu erscheinen, weil, so Parlamentspräsident Martin Schulz in einer Erklärung, "es keine Einigung unter den Mitgliedsstaaten über einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr gibt". Es geht dabei um rund 9 Milliarden Euro.

Alain Lamassoure, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Parlament, meinte: "Angesichts der Tatsache, dass die Mitgliedsstaaten sich nicht imstande sehen, das Problem des nicht ausgeglichenen Haushalts 2012 zu lösen, kann das Europäische Parlament die Verhandlungen zum Haushalt 2013 nicht fortsetzen." Bereiche wie Forschung, ländliche Entwicklung, humanitäre Hilfe und das Studienprogramm Erasmus sind nach den Worten Lamassoures "seit mehr als einem Monat nicht ausreichend finanziert."

Aber auch beim Haushalt 2013 liegen die Vertreter der europäischen Institutionen deutlich auseinander: Kommission und Parlament verlangen mit 138 Milliarden Euro etwa fünf Milliarden mehr für den Jahreshaushalt, als die Regierungen zu zahlen bereit sind. Eine erste Verhandlungsrunde war bereits am vergangenen Freitag gescheitert.

Es geht nicht nur um den Jahreshaushalt

Jetzt muss die Kommission einen neuen Vorschlag machen. Dann gehen die Verhandlungen wieder von neuem los. Gelingt auch dann keine Einigung, greift eine Notregelung. Dann kann die EU im kommenden Jahr jeden Monat nur ein Zwölftel des diesjährigen Budgets ausgeben. Das bedeutet, es würde weder Abschläge noch Zuschläge gegenüber jetzt geben. Doch es geht eigentlich um mehr als den Jahreshaushalt. In der kommenden Woche will die EU in einem Sondergipfel über die mehrjährige Finanzplanung der Jahre 2014 bis 2020 verhandeln. Auch hier verlangen Kommission und Parlament deutlich mehr Geld.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz steht an einem Rednerpult und gestikuliert (Foto: Reuters)
Fordert mehr EU-Mittel: Parlamentspräsident Martin SchulzBild: Reuters

Vor allem die Nettozahler wie Deutschland wollen aber eine enge Begrenzung. Großbritannien droht sogar mit seinem Veto, die Briten wollen besonders viel einsparen. Die Verhandlungspartner haben am Dienstag (13.11.2012) zwar betont, die Gespräche über das Jahresbudget 2013 hätten nichts mit denen über den mehrjährigen Finanzrahmen zu tun. Dennoch wirft das jüngste Scheitern einen weiteren Schatten auf den Sondergipfel kommende Woche.  

Europäische Bankenaufsicht soll Mehrwert bringen

Streit gab es am Dienstag auch unter den Finanzministern um die geplante europäische Bankenaufsicht. Sie soll dafür sorgen, dass möglichst alle Banken in Europa nach den gleichen Kriterien kontrolliert werden. Und sie ist nach einem Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs auch die Voraussetzung dafür, dass Banken direkt Hilfen aus dem europäischen Rettungsfonds ESM bekommen. Das ist vor allem die Hoffnung in Spanien. Spaniens überschuldete Banken brauchen dringend Geld, der spanische Staat will aber möglichst die Auflagen vermeiden, die mit einem Hilfsprogramm für den Staat verbunden wären.

Spanien gehört daher zu denen, die bei den Bankenaufsicht aufs Tempo drücken. Doch der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden will, "dass diese europäische Bankenaufsicht auch einen Mehrwert an Effizienz bringt." Qualität habe Vorrang vor Schnelligkeit. Damit hat er sich fast wortgleich ausgedrückt wie Bundeskanzlerin Merkel oder Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu dem Thema.

Noch viele strittige Fragen

Es gibt aber noch weitere Probleme: etwa die Trennung von Bankenaufsicht und Geldpolitik in der Europäischen Zentralbank (EZB), denn die Aufsicht soll unter dem Dach der Zentralbank arbeiten. Umstritten auch der Umfang der Aufsicht; außerdem die Aufteilung der Kompetenzen zwischen der europäischen und der jeweils nationalen Kontrolle. Schließlich, und besonders strittig innerhalb der gesamten EU: Die europäischen Banken operieren im europäischen Binnenmarkt. Die EZB ist aber nur für die Euro-Länder zuständig. Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter sieht daher die Gefahr einer "Fragmentierung zwischen Euroland und Resteuropa". Dem wolle sie entgegenwirken und mit dafür sorgen, "dass die Bankenaufsicht für alle Mitglieder gilt und die gleichen Standards angewandt werden."

Schwedens Finanzminister Anders Borg und Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble im Gespräch (Foto: AP)
Finanzminister im Gespräch: Anders Borg (Schweden, Mitte) und Wolfgang Schäuble (Deutschland, rechts)Bild: AP

Ein betroffenes Land ist das Nicht-Euroland Schweden. Sein Finanzminister Anders Borg hält einen Kompromiss bis Ende des Jahres für möglich, "wenn wir Türen öffnen und nicht schließen. Entscheidend ist, ob wir eine Gleichbehandlung aller Mitglieder der Aufsicht haben." Inwieweit die Nicht-Euro-Länder beteiligt werden, ist noch unklar. Und weil noch so viele Einzelheiten nicht geklärt sind, gerät der Zeitplan bis Dezember gewaltig unter Druck. Die EU ist im Moment ohnehin so sehr mit Haushaltsproblemen beschäftigt, dass es schlecht steht um die Frist 1. Januar.