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Zum Jagen getragen

Volker Witting18. Januar 2008

Die Bundeskanzlerin zieht im Koalitionsstreit die Notbremse: Harmonie soll den bösen Streit kitten, dabei kann auch gern die Farbwahl des Kostüms helfen.

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Bild: DW

Die Erwartung ist groß: Die Kanzlerin kommt – und vielleicht sagt sie etwas Spannendes. Die ersten Journalisten sitzen deshalb schon um 11:30 Uhr im Saal der Bundespressekonferenz – obwohl die eilig einberufene PK mit der Bundeskanzlerin erst um Zwölf beginnt. Zehn Minuten vorher ist auch der letzte Sitzplatz belegt. Der Saal ist proppenvoll; 250 Journalisten sind gekommen, viele müssen stehen. Und es werden lange hundert Minuten, in denen die Kanzlerin wortreich die Koalition zu retten versucht.

Sie zieht die Notbremse im Koalitionsstreit über Jugendkriminalität und den umstrittenen Stil des hessischen CDU-Wahlkämpfers Roland Koch. Und schon die Kleidung Merkels ist an diesem Tag ein bewußtes Programm: das übliche Merkelkostüm zwar - aber in der unüblichen Kombination schwarz-rot, also den Farben der Koalitionsparteien.

Keine Rüffel im Schlüsseljahr

Sie könne sich vorstellen, beim nächsten Mal auch den Vizekanzler mitzubringen, sagt dann die Kanzlerin. Und der ist ja von der SPD. Versöhnliche Töne also. Und das ist auch die Botschaft des Tages: Die Koalition steht, Union und SPD wollen gemeinsam bis September 2009 durchhalten, auch wenn das nicht immer leicht wird.

"Die harmonischste Zeit sei das nicht", räumt Merkel ein. Aber Rüffel an die Streithähne verteilt sie nicht: "Jeder pflegt da (im Koalitionsstreit) so seinen Stil, und ich guck‘ mir das an". Harmonie also. Und das kann die große Koalition auch bestens vertragen, denn die ersten Wochen des "Schlüsseljahres" (Merkelzitat) waren Wochen des erbitterten Streits. Den aber – und das weiß die kluge Kanzlerin natürlich – mögen die Wähler und Bürger überhaupt nicht.

Ich, die Chefin

Wer Angela zum Jagen getragen hat, also in die Öffentlichkeitsoffensive vor die Bundespressekonferenz, weiß niemand. Vielleicht war sie es sogar selbst. Aber es war höchste Zeit, dass sie den Bürgern wieder klargemacht hat: Ja, es wird noch regiert, und ich bin die schlichtende Chefin. Allerdings: In 100 Minuten hat Angela Merkel zwar viel über das Regierungsklima, den Mindestlohn, die Jugendkriminalität und Afghanistan gesprochen, nur ein Programm, ein Motto für das Schlüsseljahr 2008, das hat sie nicht formuliert.