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Die China-Strategie

Qi Li29. Januar 2003

Die Großvereine des europäischen Fußballs denken beim Geldverdienen inzwischen global. Borussia Dortmund hat sich China als Absatzmarkt ausgesucht - und sucht nun einen Spieler aus dem Land der Mitte.

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Fußball-Boom in China: Borussia Dortmund ist gut gewappnetBild: AP

Vor etwa zwei Jahren tauchte in Deutschland eine neue Trikotmarke auf: goool.de. Wie schon am Namen ersichtlich, wird die Marke vor allem online vermarktet. Die Trikots erfreuen sich inzwischen einiger Beliebtheit: Innerhalb von zwei Jahren ist der Umsatz der goool.de-Trikots von null auf fast fünf Millionen gesprungen. Heute werden sie von 1.700 Einzelhändlern vermarktet. 1.000 Sportklubs haben inzwischen der goool GmbH Aufträge gegeben, allen voran Borussia Dortmund (BVB). Denn der erste börsennotierte Fußballverein Deutschlands ist die Mutter von goool.de. Allein im Sommer 2002 verkaufte der frisch gebackene deutsche Meister 30.000 BVB-Trikots.

Hinter dem Projekt goool.de steht vor allem der Geschäftsführer für Merchandising des Vereins, Willi Kühne. Er ist seit 1996 beim BVB beschäftigt und hat zuerst S. Oliver als Trikotsponsor gefunden, dann die Marke goool.de zum BVB geholt. Die Tochtergesellschaft erwirtschaftet inzwischen neun Prozent des Umsatzes der BVB-AG.

Prägephase der chinesischen Fans

Kühne will den BVB zu einem global agierenden Unternehmen machen. Sein wichtigstes strategisches Ziel ist der Riesenmarkt China. „Die Chinesen sind in einer Art Prägephase, der Fußball erobert langsam aber sicher das Land, jetzt suchen sich die Chinesen ihre Lieblingsvereine“, meint Kühne. Obwohl der BVB unter den chinesischen Fans Konkurrenz anderer Globals Players des rollenden Balles wie Real Madrid, Manchester United, den FC Barcelona oder den AS Rom hat, bleibt nach Kühnes Überzeugung auch für den deutschen Fußball ein ausreichender Anteil am chinesischen Markt.

Die Sport Expo im März 2002 in Schanghai hat die Zuversicht von Kühne gefestigt. Der BVB hatte dort probeweise einen Stand angemietet. „Nachdem das chinesische Staatsfernsehen eine halbe Stunde live vom Dortmunder Stand sendete, haben die Fans uns fast die Bude abgerissen,“ berichtet Kühne.

"Aus China nach China"

Die goool.de-Produkte werden zum größten Teil in China hergestellt. Im Gespräch mit DW-WORLD beziffert Kühne den Anteil auf fast 80 Prozent. Jetzt sei es an der Zeit, „aus China nach China“ zu gehen, wie Kühne sich ausdrückt. Um dies richtig zu bewerkstelligen, hat der BVB eine ausgeklügelte Strategie entwickelt.

Die Websites der Bundesligisten werden meist zweisprachig angeboten – Deutsch und Englisch. Nur über den BVB kann man sich auch auf Chinesisch informieren. Die chinesischen Seiten gingen im Sommer 2002 online. Zudem verhandelt der BVB laut Kühne mit chinesischen Partnern, um ein Netz von BVB-Shops in China aufzubauen. Auf chinesischer Seite seien mehrere Partner interessiert. Kühne hofft, dass der erste Dortmunder-Supershop im Juli oder August 2003 in Schanghai eröffnet wird, danach sind andere große Städte an der Reihe.

Fan-Clubs und Fußballschulen

Wie viele BVB-Fans es in China zur Zeit schon gibt, weiß jedoch selbst Kühne nicht. Er schätzt sie auf einige Millionen. Im Mai 2002 wurde der erste offizielle Fan-Club in Schanghai gegründet – „voller kolonialistischem Stolz“, wie die „taz“ ätzte. Dieser hat zur Zeit etwa 170 Mitglieder. Als weitere Aktion ist die Gründung einer Fußballschule in Nanjing, der Hauptstadt der Provinz Jiangsu, geplant. Sponsoren seien schon gefunden.

Ende Januar findet in Katar ein Turnier von U-21-Teams statt, an dem neben Brasilien, Deutschland und Tschechien auch China teilnehmen wird. Der BVB sendet eine Delegation dorthin, um einen chinesischen Fußballer ausfindig zu machen, der als Identifikationsfigur der Fans in Fernost dienen könnte. Dazu muss er aber auch sportlich zum BVB passen - und dies könnte ein Problem werden. Denn chinesische Spieler konnten sich in Europa bislang noch nicht recht durchsetzen. Der Stürmer Cheng Yang sitzt sogar beim Zweitliga-Letzten St. Pauli meist nur auf der Bank. Wie weit sich der gerade erst vom TSV 1860 München verpflichtete Mittelfeldspieler Jiayi Shao in der rauen Bundesliga-Luft entwickelt, ist auch noch nicht klar.

Ausbildung bei den Schwarz-Gelben

Natürlich kennt Kühne die bescheidene Rolle der Chinesen in den europäischen Top-Ligen. Der BVB will daher einen anderen Weg einschlagen: In Dortmund sucht man nicht etwa jemanden aus der aktuellen chinesischen Nationalmannschaft, sondern einen hoffnungsvollen jungen Spieler, der seine fußballerische Ausbildung beim BVB erhalten soll. Sollte das klappen, könnte er in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen - nicht nur sportlich.