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Altgold bringt bares Geld

5. November 2009

Innerhalb weniger Monate stieg der Preis für eine Feinunze Gold auf über 1.000 US-Dollar. Selbst alte Goldkronen oder Brücken lassen sich in Zeiten des Booms zu Geld machen, denn die Nachfrage steigt weiter.

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Goldbarren (Foto: AP)
Bild: AP

Gold gilt als die stabilste Währung der Welt. Vor allem in Krisenzeiten. Um in wirtschaftlich unsicheren Zeiten auf Nummer sicher zu gehen, kauften deutsche Anleger im vergangenen Jahr rund 108 Tonnen dieses Edelmetalls. Mehr als in jedem anderen Land auf dem Globus. In nur wenigen Monaten schnellte der Preis für eine Unze inzwischen auf über 1.000 US-Dollar. Von diesem Goldrausch hoffen auch viele Bundesbürger zu profitieren. Nicht als Anleger, sondern als Verkäufer, die ihre kleinen privaten Goldreserven versilbern wollen. Ob in Gestalt von kaputtem Schmuck oder Zahngold. Juweliere und Ankäufer verzeichnen zurzeit einen regelrechten Ansturm von Anbietern.

Jedes Gramm zählt

Goldnuggets aus Kanada, Feingold aus Deutschland und Nuggets aus Mittelamerika (r-l) (Foto: dpa)
Goldnuggets aus Kanada, Feingold aus Deutschland und Nuggets aus Mittelamerika (r-l)Bild: picture-alliance / dpa

Auch Kathrin Färber hat mit ihren alten Goldkronen, die ihr der behandelnde Zahnarzt ausgehändigt hatte, einen Aufkäufer aufgesucht. Schließlich habe man ihr gesagt, dass diese Kronen noch echtes Gold enthalten. Auch wenn diese Kronen ihren medizinischen Zweck nicht mehr erfüllen, so besitzen sie immerhin noch einen materiellen Wert.

Wie viel ihr der Verkauf dieser alten Kronen einbringen kann, davon hat Kathrin Färber keine Vorstellung. Aber die medizinisch-technische Assistentin, deren Mann seit Monaten als Kurzarbeiter weniger Geld nach Hause bringt, kann jeden zusätzlichen Euro gut gebrauchen. Vor allem seit ihr Arbeitgeber, eine medizinische Gemeinschaftspraxis, sie nicht mehr ganztags, sondern nur noch halbtags beschäftigen kann. Nüchtern stellt sie fest: "Ich muss ganz klar rechnen, selbstverständlich. Ich denke, das trifft nicht nur mich."

Viele Verkäufer sind Rentner

Und darum hat sie Helmut Greiner aufgesucht, der für die Schwäbische Goldverwertung Reutlingen Waimer im Ruhrgebiet Bargeld für Altgold bietet. Das Ladenlokal hatte das Reutlinger Unternehmen ursprünglich nur bis April angemietet. Doch aufgrund der großen Nachfrage hat man sich entschlossen, länger zu bleiben. Offensichtlich gibt der Markt noch mehr her. Täglich bringen bis zu 30 Anbieter alten Schmuck oder Zahngold ins Geschäft. Dazu gehören, sagt Helmut Greiner, zweifelsohne auch Menschen, die aus finanziellen Gründen darauf angewiesen sind. Insbesondere Rentner. Aber auch Frauen und Männer mittleren Alters, die ihren Arbeitsplatz verloren haben. Andere wiederum hoffen, durch den Verkauf alter goldhaltiger Stücke ihren Lebensstandard erhöhen zu können.

Mit einer großen Summe rechnet die 74jährige Rentnerin Erika Franke, die ihre Goldschätze in einer kleinen Samttasche mitgebracht hat, nicht. Aber immerhin doch mit einer Aufbesserung des Haushaltsbudgets für das, was sie verkaufen will: "Zähne und eine sehr schöne Uhr, die aber kaputt ist und das Armband und der Verschluss auch. Naja, und so was brauche ich jetzt nicht mehr."

1.100 Tonnen aus Reycling

Goldmünzen in einer Holzkasette (Foto: dpa)
So etwas findet sich eher selten auf dem Dachboden oder im Keller...Bild: picture-alliance/chromorange

Aufkäufer wie Helmut Greiner finden vor allem an altem Schmuck mit Prägestempel einträgliches Interesse. "Was uns eigentlich am liebsten ist: kaputter Schmuck, da fällt es den Leuten leichter, den abzugeben."

Weltweit standen im vergangenen Jahr 3.436 Tonnen Gold zur Verfügung. Davon stammten immerhin rund 1.100 Tonnen aus dem Recycling von Altgold oder Zahngold. Mit 2.137 Tonnen war die Schmuckindustrie der größte Abnehmer. Angesichts der steigenden Nachfrage sowie der weiter in die Höhe schnellenden Preise wächst der Bedarf an einschmelzbaren Stücken. Und darum landet immer mehr Zahnaltgold bei den Aufkäufern. Ob in Brücken, Kronen oder Inletts. Dieses bei medizinischen Behandlungen entfernte Material gehört nämlich, wie die Zahnärztekammern in der Bundesrepublik betonen, den Patienten, denen es auszuhändigen ist.

Nicht alles ist Gold, was glänzt

Auch vom Goldrausch erfasst: Charlie Chaplin
Auch vom Goldrausch erfasst: Charlie ChaplinBild: picture-alliance / akg-images

Doch es ist nicht alles pures Gold, was glänzt. Selbst bei einer Hochgoldkrone, die bis zu 2,5 Gramm wiegen kann, handelt es sich um eine Legierung. Für einen Aufkäufer wie Helmut Greiner geht es insofern erst einmal darum, den Reingoldanteil zu ermitteln. "Wenn sie mit ganzen Brücken kommen, brechen wir eigentlich die Goldzähne, die Goldkrone raus. Alles andere ist im Prinzip Chirurgenstahl. Mit dem können wir nichts anfangen."

Nach der Reinigung kommt das Material auf die Goldwaage, bevor Greiner mit dem Taschenrechner die goldwerte Summe errechnet. Bei hochwertigen Kronen wird der Goldanteil auf 55 Prozent veranschlagt. Bei Schmuckstücken, die beispielsweise eine 585er Prägung ausweisen, bereitet die Bewertung keine Probleme. Nach Abzug aller Nebenkosten können die Altgold-Verkäufer für das bereinigte Gramm auf dem deutschen Markt mit elf bis 14 Euro rechnen. Die angekauften Stücke transportiert die Schwäbische Goldverwertung Reutlingen wie andere Aufkäufer auch zu einer Scheideanstalt. Dort entsteht aus Altgoldstücken wieder Reingold, auf das Händler und Schmuckindustrie warten.

Deutschland lebt in einer Art Goldrausch. Obwohl die schärfste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten allmählich abzuklingen scheint, prognostizieren Experten einen weiteren Anstieg des Goldpreises auf bis zu 1.400 US-Dollar für eine 31,1 Gramm schwere Feinunze.

Autor: Dr. Klaus Deuse
Redaktion: Rolf Wenkel