1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schiedsrichter vor der Rückrunde

12. Januar 2011

Wenn am Wochenende die Fußball-Bundesliga in die Rückrunde startet, sind nicht nur die Spieler bestens vorbereitet. Auch die Bundesliga-Schiedsrichter haben die Winterpause gut genutzt und sich einiges vorgenommen.

https://p.dw.com/p/zwQh
Schiedsrichterpfeife und Rote Karte (Foto: Bilderbox)
Bild: BilderBox

Herbert Fandel ist ein geduldiger Mensch. Der Schiedsrichter-Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erklärt bei strittigen Szenen gelassen und präzise, welche die richtige Entscheidung ist. Und die ist manches Mal nicht so einfach auf Anhieb zu erkennen. Seine Schützlinge liegen zwar meistens richtig, doch sie machen auch Fehler. Und diese werden von Fandel gnadenlos beleuchtet.

Ex-Schiedsrichter Herbert Fandel umringt von Journalisten (Foto: dpa)
Im Fokus: Schiedsrichter-Chef Herbert FandelBild: picture-alliance/dpa

In der Winterpause trafen sich Deutschlands Top-Schiedsrichter, um die Bundesliga-Hinrunde noch einmal genauestens durchzugehen. "Schwerpunkte waren aber auch die Zusammenarbeit des Schiedsrichterteams und die optimale Nutzung des Headsets", erzählt Fandel. "Außerdem haben wir darüber gesprochen, wie die Körpersprache des Schiedsrichters auf Zuschauer, Trainer und Spieler wirken kann." Vor allem Szenen mit Ellbogenschlägen, Handspielen und Abseitssituationen sind aufgearbeitet worden. Fandel hat zudem ein übermäßig hartes und unfaires Spiel in der Zweiten Liga ausgemacht, und er will in der Rückrunde ein Auge auf die jungen, ehrgeizigen Bundesligatrainer an der Seitenlinie werfen. Denn die seien manchmal etwas zu emotional und engagiert bei der Sache.

Fernsehkameras sind Fluch und Segen

Fandel war selbst lange Bundesliga- und FIFA-Schiedsrichter und kennt sich aus: Mit den Problemen der Unparteiischen, die oft in Sekundenbruchteilen komplexe Sachverhalte erfassen und beurteilen müssen und auch mit den Emotionen der Beteiligten auf dem Platz und den Tribünen. Die Fernseh-Mitschnitte spielten dabei eine immer größere Rolle. Immer mehr Kameras stehen im Stadion und für die nachträgliche Auflösung der umstrittenen Szenen stehen hochmoderne Analysesysteme zur Verfügung. Fluch und Segen zugleich, sagt Fandel: "Das Problem ist, dass unterschiedliche Perspektiven hinzukommen, die dem Schiedsrichter das Leben schwer machen. Unterschiedliche Perspektiven fördern Emotionen." Emotionen seien aber nicht immer gut für einen Schiedsrichter. Für die Rückrunde wünscht sich Fandel noch ein wenig mehr Akzeptanz und Respekt für die Schiedsrichter, die im weltweiten Vergleich zu den besten zählen.

Auch Schiedsrichter gehen ins "Trainingslager"

Schiedsrichter Wolfgang Stark (Foto: AP)
Schiedsrichter Wolfgang StarkBild: AP

Wolfgang Stark ist Deutschlands bester Schiedsrichter. Wie auch seine Kollegen hat er in der Pause nicht etwa die Beine hochgelegt. Bis zu 30 Kilometer an Ausdauer- und Steigerungsläufen hat er pro Woche zurückgelegt und außerdem koordinativ gearbeitet, denn Schiedsrichter müssen ja manchmal auch rückwärts laufen. Die Hinrunde hat er abgehakt, auch wenn ihn eine Fehlentscheidung noch immer im Magen liegt: Bei der Bundesliga-Partie zwischen Wolfsburg und Schalke hatte der FIFA-Schiedsrichter das Tor des Schalker Stürmers Klaas-Jan Huntelaar anerkannt, obwohl dieser vorher ein Handspiel begangen hatte. Eine Szene, die sich Stark auch in der Winterpause oft angesehen hat. "Diese dicken Dinger, die großen Entscheidungen - und das war so ein dickes Ding mit dem Handspiel - müssen einfach richtig wahrgenommen werden. Sonst ärgert man sich natürlich, das ist ganz klar."

"Meine Tür ist immer offen"

Dänemarks Michael Gravgaard (M) beschützt Schiedsrichter Herbert Fandel bei einer Fan-Attacke im Juni 2007 (Foto: AP)
Schiesdrichter in NotBild: AP

Fehler wie diese können spielentscheidend sein. Dann kochen die Emotionen schnell hoch, Spieler und Trainer regen sich übermäßig auf und statten dem Schiedsrichter auch nach der Partie einen Besuch in der Kabine ab. Das sei in der Hinrunde zwei oder drei Mal vorgekommen, sagt Stark - und eigentlich auch in Ordnung, wenn in einer ruhigen und vernünftigen Weise miteinander geredet wird. "Meine Tür ist im Prinzip immer offen. Wobei es mir immer wieder vorgehalten wird, dass das bei mir nicht der Fall sein soll. Das kann ich aber absolut verneinen."

Weil er auf dem Platz sehr dominant wahrgenommen wird, hat sich Stark vorgenommen, zukünftig ein wenig lockerer zu wirken. Doch jetzt reicht es mit der Vorbereitung, auch wenn die Winterpause kurz war: "Da freut man sich immer drauf, wenn die Pause vorbei ist, und ich denke mal, auch die Spieler werden entsprechend motiviert sein. Und da würde ich einfach sagen: Dann packen wir sie einfach an, die Rückrunde."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Arnulf Boettcher