1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Elfenbeinküste hat gewählt

2. November 2010

In der Elfenbeinküste haben Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattgefunden. Nach ersten Ergebnissen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber Gbagbo und Oppositionsführer Ouattara ab.

https://p.dw.com/p/Pw9W
Wählerin in der Elfenbeinküste (Fotot. ap)
Wählerin in der ElfenbeinküsteBild: AP

Sonntag, 31. Oktober 2010: Die Elfenbeinküste steht Schlange vor den Wahllokalen. Ein Strom von aufgeregten und entschlossenen Wählerinnen und Wählern, der bis zum Abend nicht abreißen will. Mittendrin: Jean-Philippe, arbeitsloser Lehrer aus Abidjan. "Heute ist ein Tag der Freude", sagt er. "Mir macht das Schlangestehen nichts aus, ich nehme mir soviel Zeit wie ich brauche, um endlich wählen zu können".

Wie Jean-Philippe ist auch Hortense noch immer begeistert von der feierlichen und erstaunlich friedlichen Stimmung am Wahlsonntag. Schon früh am Morgen, um kurz vor vier, war sie zum Wahlbüro von Treichville gezogen. Hortense wollte sichergehen, dass sie auch wirklich ihre Stimme abgeben kann. Jetzt ist sie erschöpft, aber zufrieden. Endlich habe sie wählen und damit ihre Bürgerpflichten wahrnehmen dürfen, schwärmt die junge Mutter. Jetzt seien die Politiker dran, ihre Pflichten zu erfüllen.

Überfällige Wahl

Laurent Gbagbo (Foto: dpa)
Laurent GbagboBild: Picture-Alliance/dpa

Zehn Jahre mussten die Menschen an der Elfenbeinküste auf diesen Urnengang warten. So lange hat es keine Wahl mehr gegeben. Als Laurent Gbagbo im Jahr 2000 Präsident wird, zündelt er mit der Ivoirité, einem Konzept, das die Bevölkerung des Landes in gebürtige Ivorer und so genannte Nicht-Ivorer teilt. Und dazu führt, dass die wichtigste Kakao-Exportnation in einem Bürgerkrieg versinkt – und in zwei Teile auseinanderbricht. Zwar sind die ehemaligen Rebellen der Forces Nouvelles seit 2007 in einer Regierung der nationalen Einheit vertreten, kontrollieren aber nur den Norden des Landes, während Gbagbo im Süden regiert – seit nunmehr fünf Jahren ohne Mandat. Ein unhaltbarer Dauerzustand, finden auch frustrierte ehemalige Kämpfer in der Rebellenhochburg. Die Wahlen müßten jetzt das Volk versöhnen, meint einer von ihnen. Die Frage der Ivoirität habe die Menschen vergiftet. "Und das haben wir satt und wollen endlich gemeinsam dieses Land aufbauen!"

Alassane Ouattara (Foto ap)
Alassane OuattaraBild: AP

Bei der letzten Wahl vor zehn Jahren haben viele Menschen im Norden gar nicht gewählt, weil ihr Kandidat, der Moslem Alassane Ouattara, nicht zur Wahl zugelassen war. Diesmal gilt der frühere Ministerpräsident und Funktionär des Internationalen Währungsfonds als Hoffnungsträger des Nordens – und als Laurent Gbagbos härtester Gegner. Neben Henri Konan Bedié, dem früheren Staatspräsidenten, der Ende der 90er Jahre weggeputscht worden war. Beobachter fürchten, dass es in den kommenden Wochen zu Gewalt kommen könnte. Waffen sind jedenfalls seit dem Bürgerkrieg noch immer massenhaft im Umlauf. Premierminister Soro beschwört die Lager der Kandidaten: "Ich appelliere an alle politischen Akteure, den Wahlprozess zu respektieren." Es sei unerlässlich, dass die Kandidaten das Ergebnis akzeptieren, das die Unabhängige Wahlkommission in wenigen Tagen verkünden werde.

Überfälliger Neuanfang

Kokosnusshandel in der Elfenbeinküste
Kokosnusshandel - die Menschen schlagen sich irgendwie durchBild: dpa

Nach ersten Ergebnissen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gbagbo und Ouattara und ab. Ein Sprecher der Wahlkommission gab am Mittwoch die Resultate von rund 2,2 Millionen der insgesamt 5,7 Millionen Stimmen bekannt. Demnach lagen beide Kandidaten bei etwa 35 Prozent. Ende November könnte es nun zu einer zu einer Stichwahl kommen. Aber wer auch immer das Rennen machen wird – die Menschen wollen einen Schlussstrich ziehen. Unter zehn lähmende, verlorene Jahre, in denen die Elfenbeinküste wirtschaftlich und politisch abgestürzt ist – von der einstigen Perle Westafrikas zum instabilen Sorgenkind. In dem bald jeder zweite unterhalb der Armutsgrenze leben muss. Die Ivorer hoffen jetzt, dass es mit einem neuen Präsidenten auch endlich Arbeit geben wird - vor allem für die jungen Menschen im Land.

Autor: Alexander Göbel

Redaktion: Klaudia Pape