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Die Entwicklung der Eurozone bis Estland

1. Januar 2011

Die Gruppe der Eurostaaten gibt derzeit ein wenig einladendes Bild ab. Dennoch ist ihr Estland zum 1. Januar beigetreten – als 17. EU-Staat. Ein Blick zurück auf die Einführung des Euro und seine Entwicklung seitdem.

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Ein riesiges Plakat vor der EU Zentrale in Brüssel zeigt eine Euromünze. (Foto:dpa)
Ziel von Spekulanten: Die europäische GemeinschaftswährungBild: picture-alliance / dpa

Wer den Euro als Währung haben will, muss Kriterien erfüllen, die seine Stabilität gewährleisten sollen. Werden sie missachtet, wird der Euro schnell zum Spekulationsobjekt von internationalen Finanzjongleuren.


Mit dem Jahreswechsel 2002 wurde der Euro in zunächst 12 Ländern eingeführt: Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Deutschland, Österreich, Italien, Finnland, Irland, Spanien, Portugal und Griechenland. Die Finanzminister dieser Länder waren sich sicher, dass jedes einzelne Land die Kriterien erfüllte, die im Vertrag von Maastricht schon im Februar 1992 festgelegt worden waren.

Strenge Kriterien

Montage des Vertrags von Maastricht mit den Unterschriften der Staats- und Regierungschefs. (Foto:EU-Kommission)
Mit dem Vertrag von Maastricht sollte der Euro als europäische Gemeinschaftswährung stabil und zukunftssicher gemacht werden. Die Staats- und Regierungschefs akzeptierten die strengen Regeln mit ihren Unterschriften.Bild: European Commission Audiovisual Service/ Credit © European Co

Die Inflationsrate jedes Eurolandes durfte danach nicht mehr als 1,5 Prozent über der Inflationsrate der drei preisstabilsten Mitgliedsstaaten liegen. Ferner durfte der staatliche Schuldenstand nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Außerdem durften die nationalen Währungen in den beiden Jahren vor der Einführung des Euros nur geringe Schwankungen aufweisen, und schließlich durfte der Zinssatz für langfristige Staatsanleihen nicht mehr als zwei Prozent über dem Durchschnitt der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten liegen.

Beeindruckt von diesen strengen Richtlinien vertrat der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel die Auffassung, gegen eine solche Währung mit 290 Millionen Menschen und einer Wirtschaftskraft, die mit der Leistungsfähigkeit der USA zu vergleichen sei, "kann niemand auf der Welt spekulieren".

Spekulationsobjekt

Der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel mit einem Beutel neuer Euro-Münzen im Dezember 2001. (Foto:ap)
Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD):"Gegen den Euro kann niemand spekulieren."Bild: AP

Inzwischen ist klar, dass diese Äußerung mit der Realität wenig zu tun hat, denn gegen den Euros ist massiv spekuliert worden. Der Grund für den Erfolg der Marktgeschäfte: Einige Länder konnten die Stabilitätskriterien im Zuge der Weltwirtschaftskrise nicht mehr einhalten. Und das erste "Opfer" Griechenland hatte offenbar von Anfang an mit gezinkten Karten gespielt und seine Haushaltsdaten nachhaltig manipuliert.

Neben Griechenland ist inzwischen auch Irland auf die Hilfe der EU und des Internationalen Währungsfonds angewiesen – andere Länder könnten folgen. Die Hilfe ist nicht ohne Konsequenz, denn sie ist an tiefe Einschnitte ins soziale Netz geknüpft und bedeutet Zwangsverwaltung der staatlichen Finanzen.

Slowenien

2007 trat mit Slowenien das erste Land des ehemaligen Jugoslawien der Eurozone bei. Slowenien war ein gut entwickelter Wirtschaftsstandort, konnte im internationalen Vergleich eine hohe Wettbewerbsfähigkeit nachweisen, hatte vorbildlich Korruption bekämpft, konnte hoch motivierte und qualifizierte Arbeitskräfte in die Waagschale legen und galt als strategischer "Türöffner" für die Staaten Südosteuropas.

Für Slowenien hat sich der Beitritt zur Eurozone gelohnt. Es profitiert vom leichten Zugang zum europäischen Markt und dem Wachstum dort. Aus der Wirtschaftskrise des vergangenen Jahres, das mit einem Minus beim Wirtschaftswachstum von 7,8 Prozent beendet wurde, ist das Land gut erholt herausgekommen. Experten rechnen mit einem moderaten Wachstum von etwa 1,5 Prozent.

Estland

Portraitfoto des estnischen Finanzministgers Jürgen Ligi an seinem Schreibtisch. (Foto:DW)
Der estnische Finanzminister Jürgen LigiBild: DW

Zum Jahreswechsel 2010/2011 hat nun auch Estland den Euro eingeführt. Finanzminister Jürgen Lippi will "in einem größeren Klub sein" und durch den Beitritt zur Eurozone nur nachvollziehen, was in den Jahren zuvor praktisch schon existiert hat. Die estnische Krone war seit Jahren erst an die D-Mark und dann an den Euro gekoppelt. Der Wechselkurs ist in den vergangenen 18 Jahren nicht verändert worden.

Obwohl Estland vor zwei Jahren von einer schweren Wirtschaftskrise gebeutelt wurde, sind die Indikatoren für die Euro-Tauglichkeit gut. Die Inflationsrate sank von 10,6 im Jahr 2008 auf 0,2 im folgenden Jahr und ist 2010 komplett verschwunden. Das Staatsdefizit beträgt 1,7 Prozent vom Bruttoinlandprodukt und liegt damit weit unter den geforderten drei Prozent. Und die estnische Schuldenquote ist mit 7,2 Prozent die niedrigste in Europa.

Autor: Matthias von Hellfeld

Redaktion: Michael Borgers