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Die fünf größten Armutsrisiken von Kindern

Marcus Lütticke28. Oktober 2014

Die Finanzkrise hat in vielen Industrieländern die Kinderarmut drastisch verstärkt. Das geht aus dem neusten UNICEF-Report hervor. Der Bericht nennt fünf Faktoren, die das Risiko von Kinderarmut besonders erhöhen.

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Mädchen sitzt vor einer Plattenbausiedlung (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Kinder der Rezession" hat UNICEF seinen Report zur Lage von Kindern in reichen Ländern genannt. Die Wirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen Jahre führte in vielen Ländern zu Ausgabenkürzungen und harten Einschnitten in die Sozialsysteme. Leidtragender dieser Sparmaßnahmen war und ist in besonderem Maße die heranwachsende Generation. Insgesamt leben in den 41 wohlhabendsten Ländern der Welt 76,5 Millionen Kinder in relativer Armut - das bedeutet, dass ihre Familien über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügen. In Griechenland, Litauen und Spanien sind jetzt mehr als 36 Prozent aller Kinder betroffen, in den USA 32 und in Italien 30 Prozent.

Diese fünf Faktoren erhöhen das Risiko von Kinderarmut in besonderer Weise:

1. Arbeitslosigkeit der Eltern

Während der Finanzkrise nahm in den meisten Industrieländern die Arbeitslosigkeit stark zu. Besonders groß war der Anstieg in Südeuropa. Längere Arbeitslosigkeit bringt fast immer den sozialen Abstieg mit sich. Wenn Eltern ihren Job verlieren, leiden Kinder auf vielerlei Ebenen. "Kinder machen sich Sorgen und sind angespannt wenn die Eltern ihren Job verlieren", so der Report. Oftmals wirkt sich die Situation dann auch negativ auf die schulischen Leistungen der Kinder aus. Das wiederum erhöht die Spannungen zu Hause. In Griechenland gaben 21 Prozent von befragten Kindern an, dass wenigstens ein Elternteil während der Finanzkrise den Job verloren habe. 27 Prozent sagten, dass die Spannungen in der Familie während der Krise zugenommen hätten.

Arbeitslose in Spanien warten vor dem Arbeitsamt (Foto: picture-alliance/dpa)
Kein Job - kein Geld. Die Wirtschaftskrise führte zu einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit.Bild: picture-alliance/dpa/Fernando Villar

2. Wenig staatliche Förderung

Trotz Krise ist es einigen Regierungen gelungen, die Kinderarmut in ihrem Land zu reduzieren. Es sei keineswegs ein unvermeidbares Schicksal, so die Autoren der Studie, dass besonders die Kinder unter dem wirtschaftlichen Abschwung zu leiden hätten. Zwischen 2008 und 2012 ging die Armutsrate bei Kindern in Chile, Polen, Australien und der Slowakei deutlich zurück. In Deutschlande blieb sie nahezu unverändert. Dagegen stieg sie in Island, Griechenland, Litauen, Kroatien und Irland stark an. Die Gründe dafür liegen laut UNICEF vor allem in der unterschiedlichen Förderung von Familien. Während einige Länder ihre Ausgaben für Kinder und Familien radikal kürzten, setzten andere trotz angespannter Haushaltslage auf eine gezielte Förderung dieser Gruppe.

3. Alleinerziehende Eltern

Besonders armutsgefährdet sind Kinder von Alleinerziehenden. Ein Grund dafür ist das mangelnde Betreuungsangebot in vielen Ländern. Alleinerziehende können daher oft nur eine Halbtagsstelle oder zeitweise auch gar keinen Job annehmen - und haben dementsprechend wenig Geld. Verlieren Alleinerziehende ihren Job, gibt es kein zweites Gehalt in der Familie als Polster, das zumindest den finanziellen Abstieg etwas abfedern könnte.

4. Migrationshintergrund

Kinder aus Einwandererfamilien sind meist einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt als Kinder einheimischer Eltern. Oft hindern Sprachbarrieren und nicht anerkannte Bildungsabschlüsse Migranten daran, gut bezahlte Jobs zu finden. Die Wirtschafts- und Finanzkrise wirkte sich daher in vielen Ländern auch überdurchschnittlich stark auf Familien mit Migrationshintergrund aus. In Griechenland stieg die Armutsrate für Kinder aus Einwandererfamilien um 35 Prozentpunkte, während die Rate bei anderen Familien nur um 15 Prozentpunkte anstieg. Ähnlich auch das Bild in Island. Hier lag der Anstieg mit 38 Prozentpunkten bei Einwandererkindern doppelt so hoch wie bei Kindern einheimischer Eltern.

Schüler mit Migrationshintergrund (Foto: picture-alliance/dpa)
Kinder von Migranten sind häufiger von Armut betroffenBild: picture-alliance/dpa

5. Viele Geschwister

Geschwister bereichern das Leben von Kindern - gleichzeitig erhöhen sie das Armutsrisiko der Familie. Der Bedarf an Wohnraum, Kleidung, Nahrung und Schulsachen wächst mit jedem zusätzlichen Kind. Laut UNICEF haben Haushalte mit zwei Kindern 40 Prozent höhere Kosten als kinderlose Paare. Gleichzeitig nehmen die Betreuungsaufgaben mit steigender Kinderzahl zu. Haushalt und Familie sind dann oftmals schon ein Vollzeitjob, für Erwerbsarbeit bleibt nur wenig Zeit. Beihilfen des Staates wie Kindergeld, kostenfreie Kinderbetreuung und Ganztagsschulen können die Last gerade von kinderreichen Familien reduzieren.

Zur Bekämpfung von Kinderarmut schlägt der UNICEF-Report verschiedene Maßnahmen vor. Dazu zählen eine Einkommensuntergrenze für Familien, gezielte Maßnahmen, um Eltern in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ein kostengünstiger Zugang zu frühkindlicher Bildung. Das Wohlergehen von Kindern, so die Autoren, sei nicht nur aus ethischer Sicht geboten - die Zukunft eines jeden Landes hänge schließlich von den kommenden Generationen ab.