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Die Fassadendemokratie lässt wählen

Andreas Schmidt28. Juni 2002

Am 30. Juni 2002 stehen in Kamerun Parlaments- und Kommunalwahlen an. Offiziell gibt es ein Mehrparteiensystem. Doch das Regime von Präsident Paul Biya gilt als äußerst korrupt. Unregelmäßigkeiten sind zu erwarten.

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Bantu-Frauen in KamerunBild: DW

Kamerun hat sich in den vergangenen Jahren einen zweifelhaften Ruf erarbeitet. Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International stufte das zentralafrikanische Land 1998 und 1999 als korrupteste der von ihr untersuchten Nationen ein. Reich an natürlichen Ressourcen wie Erdöl, ging es wirtschaftlich dennoch bergab, wie Akere Muna von Transparency erklärt: "Man kann nicht oft genug betonen, dass Korruption für die Wirtschaft das ist, was AIDS für die Gesundheit ist. Denn es zerstört auf einfachste Weise jede Form von Leistung."

Opposition um Wahlsieg betrogen

Akere Muna arbeitet in Yaounde, der Hauptstadt von Kamerun. Er beobachtet, dass immer mehr Bürger sich frustriert von der Politik abwenden. Jedem sei klar, dass die oppositionelle "Social Democratic Front" (SDF) die letzten Präsidentschaftswahlen gewonnen habe und nicht Präsident Biyas "Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais" (RDPC).

Der Übergang ins Mehrparteiensystem sei gründlich misslungen: "Das Regime, dass jetzt an der Macht ist, regierte schon zu Zeiten der Einparteienherrschaft. Und dieses Regime war für den Übergang zu einem Mehrparteiensystem zuständig. Und man kann niemanden dazu bringen, sein eigenes Grab zu schaufeln."

Korrupte Richter

Offiziell hat Präsident Biya bei den Wahlen im Jahre 1997 mehr als 90 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Opposition focht das Ergebnis an - vergeblich. Das höchste Gericht bestätigte die Wahlen - und die Richter strichen satte Gehaltserhöhungen ein. So funktioniert das korrupte System in einem äußerst komplexen Land.

Mehr als 200 Bevölkerungsgruppen leben hier zusammen, frankophone und anglophone, Christen, Moslems und Animisten. Wenn es offizielle Posten zu verteilen gibt, entscheidet nicht selten die ethnische Zugehörigkeit, meint der Hamburger Afrikaforscher Andreas Mehler: "Es gibt so eine Art informellen Proporz. Es müssen halt die Anglophonen repräsentiert sein. Und hier muss noch ein Bamiliké hin - und dort noch ein Kirdi, also ein nicht islamisierter Nordkameruner."

Nur die Eliten profitieren vom Öl

In Verteilungskämpfen sieht Mehler das größte Risiko für Kameruns Zukunft. Eine zeitlang ruhten alle Hoffnungen auf dem Ölreichtum vor der Küste. Doch den fördern multinationale Konzerne zu Tage. Die Eliten kassieren ihre Prämien. Die lokale Wirtschaft hat aber kaum etwas von dem Geschäft. Mehler verweist auf benachbarte Länder: "Und wenn man sich andere afrikanische Länder mit Erdöl anguckt, wie zum Beispiel Angola, Nigeria oder Kongo - Brazzaville, dann hat das Erdöl bisher nur verheerend gewirkt."

Akere Muna von Transperancy erwartet, dass die Wahlen manipuliert werden. Denn schon im Vorfeld seien Oppositionskandidaten behindert worden. Afrikaexperte Mehler sieht erst wieder eine Chance für den Wandel, wenn Paul Biya abgetreten ist und seine Partei die Kontrolle verliert. Doch das kann noch dauern.