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Welt-Polio-Tag

Stefanie Duckstein29. Oktober 2006

Zum Welt-Polio-Tag zeigten sich die Experten mit der Eindämmung der Kinderlähmung zufrieden. Doch die komplette Ausrottung in den letzten vier Ländern bereitet Probleme. Es fehlt der politische Wille.

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Elektronenrastermikroskop-Aufnahme eines Polio-Virus
Elektronenrastermikroskop-Aufnahme eines Polio-VirusBild: Aventis Pasteur MSD GmbH

Einmal im Jahr am 28.10. erinnert sich die Welt an Poliomyelitis - Kinderlähmung, von der man glaubte, sie sei längst besiegt. Die hoch ansteckende, unheilbare Virusinfektion führt innerhalb von Stunden zu einer totalen Lähmung. Eine Impfung kann zuverlässig und lebenslang vor der Infektion schützen. Mit 1400 Fällen zählte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in diesem Jahr die niedrigste Infektionsrate in der Geschichte. Europa ist seit 2002 Poliofrei. Und dennoch - besiegt ist die Krankheit nicht

Die letzten vier Länder

Ihr ehrgeiziges Ziel, bis zum Jahr 2005 die Welt von Polio zu befreien, ist der WHO nicht geglückt. In vier Ländern bricht sich der Virus heute noch Bahn. Doch Sona Bari, Sprecherin der UN-Polioausrottungskampagne (Global Polio Eradication Initiative), ist hoffnungsvoll. "Wunderbar ist, dass wir heute nur noch 1400 Poliofälle haben. Aber die letzten Schritte werden noch mal sehr schwer sein, weil die letzten Regionen am kompliziertesten sind."

Kinder in Kabul warten auf Polio-Impfung
Kinder in Kabul warten auf Polio-ImpfungBild: AP

Afghanistan, Indien, Nigeria und Pakistan - das sind die Problemkinder. Nomaden, deren Aufenthaltsort man selten bestimmen kann, unwegsame Regionen, oder eine hohe Bevölkerungsdichte sind Hürden, die Impfkampagnen erschweren, so Sona Bari. "Wenn man bei der Impfung auch nur ein geringen Prozentsatz von Kindern in Indien versäumt, ergibt das in absoluten Zahlen eine enorme Summe wegen der hohen Bevölkerungsdichte."

Kriege verhindern die Ausrottung

Mit einem wirksameren Impfstoff hätten diese Staaten das beste Werkzeug in der Hand, das es jemals gab. Doch Kriege und Konflikte führen immer wieder zu einem Rückfall, der eine weltweite Ausrottung der Kinderlähmung verhindert. In Teilen Pakistans gibt es einige sehr mobile nomadische Völker. "Es ist sehr schwierig diese zu finden und sie über anstehende Impfkampagnen zu informieren", betont Bari. Afghanistan hätte im letzten Jahr Polio schon fast besiegt. Aber in diesem Jahr sei es wegen des Krieges zu gefährlich für Impfungen.

Harte Aufklärungsarbeit nötig

Äthopisches Kind bei der oralen Impfung
Äthopisches Kind bei der oralen ImpfungBild: AP

Global Polio Eradication Initiative zufolge sei die Ausrottung der Polio nicht länger eine technische Frage, sondern vielmehr eine Frage des politischen Willens. In Nigeria zum Beispiel verhinderte eine Boykottaktion religiöser Führer eine landesweite UN-Impfkampagne. Extreme Prediger verbreiteten das Gerücht, der Impfstoff mache unfruchtbar. Ein Boykott mit Folgen: 489 gemeldete Polio-Fälle seit Beginn diesen Jahres. Seitdem leisten Sona Bari und ihre Mitstreiter mühevolle Aufklärungsarbeit. "Die Bundesregierung hat uns immer unterstützt, aber die Regionalregierung muss das Impfprogramm umsetzen", erklärt Bari. In dem Fall muss mit den skeptischen lokalen Führern gesprochen werden: "Wir wollen, dass sie die Kampagne verstehen."

"Armut ist nicht das Hauptproblem"

Nicht Armut, schlechte hygienische Infrastruktur oder mangelhafte Gesundheitssysteme behindern eine nachhaltige Gesundheitsvorsorge. Geld für Impfkampagnen ist dank Hilfsorganisationen reichlich vorhanden. Aufklärung sei der Schlüssel - so Bari - und Frieden. Bangladesh zum Beispiel sei viel ärmer als Indien. "Viel wichtiger als die Armut ist, wie gut sie die Menschen informieren und wie ihr Land administriert ist", bekräftigt Bari. In Indien komme die hohe Bevölkerungsdichte hinzu. In Pakistan und Afghanistan gebe es Gegenden, wo sie nicht rein kämen. "Da ist Krieg oder es sind autonome Territorien. Dort müssen lokale Lösungen gefunden werden, in denen die Konfliktparteien involviert sind."