1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die fetten Subventionsjahre sind endgültig vorbei

Anke Hagedorn20. Mai 2008

EU-Agrarpolitik und Subventionen sind eng verbunden. Auch wenn viele Subventionen abgeschafft wurden, der Agrarhaushalt ist dennoch groß. Nun sollen bei der Verteilung der Gelder andere Prioritäten gesetzt werden.

https://p.dw.com/p/E30b
Ob die Kühe auch noch so glücklich sein werden, wenn ihren Bauern das Geld gekürzt wird und die Milchquoten wegfallen?
Ob die Kühe auch noch so glücklich sein werden, wenn ihren Bauern das Geld gekürzt wird und die Milchquoten wegfallen?Bild: dpa

Die Agrarpolitik ist wieder ins Zentrum der europäischen Politik geraten. Die vergangenen EU-Ratspräsidentschaften hatten sich das heikle Thema wie eine heiße Kartoffel gegenseitig zugeschoben. Angesichts sinkender Getreidevorräte und steigender Lebensmittelpreise steht aber bei der EU-Kommission fest: Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Die EU-Agrarminister hatten sich bereits im Jahr 2003 auf eine grundlegende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik - kurz GAP- geeinigt. Dabei hatten sie vor allem die hohen Direktsubventionszahlungen an europäische Bauern im Visier. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel will die für 2013 geplante Reform nun einer Zwischenüberprüfung unterwerfen, einer Art Gesundheitscheck, der sich auf drei Bereiche erstrecken soll: auf mehr Transparenz und Effizienz, auf einen sinnvollen Einsatz der Mechanismen der Marktregulierung in einer globalisierten Welt und auf die Einbeziehung des Klimawandels, die Nutzung erneuerbarer Energien und der Verknappung der Wasserressourcen.

Was die einen verlieren, soll woanders investiert werden

Die Bezeichnung "Gesundheitsscheck" verschleiert kaum die Tatsache, dass es der Agrarkommissarin im Prinzip darum geht, in bestimmten Bereichen schon vor 2013 die Weichen neu zu stellen: So will die EU-Kommission schrittweise die Subventionszahlungen vor allem für landwirtschaftliche Großbetriebe kürzen. Bis zu 13 Prozent der Direktzahlungen an Landwirte, die jährlich mehr als 5000 Euro erhalten, sollen umgeschichtet werden und der Entwicklung des ländlichen Raums zugute kommen. Das bedeutet etwa für einen Großbetrieb, der bislang rund 400.000 Euro Beihilfen pro Jahr erhält, dass er mit einer progressiven Kürzung von fast 50.000 Euro bis zum Jahr 2012 rechnen muss.

Das würde vor allem Betriebe in Ostdeutschland treffen. Ein unhaltbarer Vorschlag, findet Gerhard Sonnleitner, Chef des Deutschen Bauernverbands und Vize-Präsident des EU-Dachverbands COPA und bezeichnet die Pläne als ungerechtfertigte Abstrafung der großen Mehrfamilienbetriebe. Eine schrittweise Umschichtung der EU-Zahlungen weg von den Direkthilfen hin zu einer Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes hält er insgesamt für wenig sinnvoll. Besser sei eine Förderung der ländlichen Räume durch die Stärkung der Wirtschaftskraft.

Die Folgen jahrelanger Subventionierung sind komplex

Teil der Agrarreform soll auch der schrittweise Ausstieg aus dem System der Milchquoten bis April 2015 sein. Diese wurden 1984 eingeführt, um die Milchproduktion innerhalb der EU zu beschränken, um so die Preise stabil zu halten. Für Kommissarin Fischer-Boel sind Milchquoten im Zeitalter marktorientierter Agrarbetriebe ein Anachronismus. Die Kommission wolle den Milchbauern aber eine "sanfte Landung" ermöglichen und Übergangslösungen anbieten, damit es am 1. April 2015 nicht zu einem plötzlichen Markteinbruch kommt.

Globale Lebensmittelkrise: Reisverteilung in Bangladesch.
Globale Lebensmittelkrise: Reisverteilung in Bangladesch.Bild: AP

Den Vorwurf, die EU-Agrarpolitik sei mitschuldig an der derzeitigen weltweiten Lebensmittelkrise, weisen die Mitgliedstaaten weit von sich. Der deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer ist der Meinung, dass die EU-Agrarpolitk eher zu einer Lösung der Probleme beitragen könne. "Wir müssen nicht eine Politik des Verzichts und des Verbotes sondern eine Perspektive entwickeln, dass die Länder, die Probleme haben, auch in der Lage sind, ihre Nahrungsmittelproduktion in überschaubarer Zeit zu verstärken und sicherzustellen", so Seehofer.

Bis zum EU-Gipfel unter französischer Ratspräsidentschaft im November wollen sich die 27 Mitgliedstaaten auf einen neuen Kurs in der Agrarpolitik einigen. Doch gerade die Franzosen, die Hauptnutzer der Agrarsubventionen sind, wehren sich vehement gegen jegliche Kürzungsvorschläge.