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Die Flüssigkuh

Konstantin Klein 6. Juni 2002

Selbst anspruchsvolle Restaurantkritiker müssen zugeben: Pommes frites von McDonald's schmecken einfach besser als die der Konkurrenz. DW-TV-Korrespondent Konstantin Klein über die Probleme, die sich daraus ergeben.

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Auch wenn John F. Kennedy in der Öffentlichkeit nie behauptete, er sei ein Hamburger, auch wenn der erste amerikanische Präsident mit dem schönen Vornamen Ronald dann doch Reagan hieß (und nicht McDonald), und auch wenn das, was der Amerikaner gerne "French Fries" nennt, in Wirklichkeit eine belgische Erfindung war - was die Frittenbraterei angeht, macht der weltweit größten Fast-Food-Kette keiner so schnell was vor.

Jahrzehntelang kehrten selbst Fast-Food-Verächter - doch, die gibt es im Lande McDonald's auch! - im Schutze der Dunkelheit in eines der Restaurants unter dem gelben Doppelbogen ein, einfach, weil sie süchtig nach French Fries aus dem Hause McDonald's waren.

Jahrzehntelang zerbrachen sich die Köche und Chemiker beim Konkurrenten Burger King die Köpfe, wie sie den unnachahmlichen Geschmack eben doch nachahmen könnten. Mit großem Tamtam annoncierten sie ihre Lösung - die dann doch nur intensiv nach Erdnußöl schmeckte und nicht nur deshalb beim Gast Allergien hervorrief.

Doch dann mußte - es ist etwa zehn Jahre her - McDonald's zugeben: Das Geheimnis lag nicht in der Kartoffel, nicht in der Schnittweise und auch nicht im breiten Grinsen des hauseigenen Werbeclowns; die Kartoffelstäbchen waren jahrzehntelang schlicht in Rinderfett frittiert worden, was ihnen diesen kräftigen Geschmack verlieh - und Cholesterinwerte, die noch über denen eines Big Macs lagen.

Bußfertig verkündete McDonald's, diese Praxis zu beenden und künftig reines Pflanzenöl in die Fritteuse zu kippen. Und doch schmeckten die McFritten weiterhin anders als die der Konkurrenz. Weshalb McDonald's sich jetzt bereit erklären mußte, 10 Millionen Dollar an Bußgeldern zu zahlen.

In den Fritteusen in den Restaurants ist inzwischen zwar tatsächlich Pflanzenöl - doch schon auf der Farm werden die künftigen Pommes kurz vorfrittiert - mit Rindfleischaroma. Und das wird woraus hergestellt? Richtig: aus ehemals glücklichen, jetzt aber toten Kühen.

Als das ans Licht kam, suchte sich ein Anwalt aus Seattle im US-Staat Washington die nötigen Kläger zusammen und verklagte den Konzern. Und deshalb kommen die 10 Millionen jetzt einerseits dem Anwalt zugute, andererseits aber Vegetarier- (keine Kühe!) und Hindu- (keine Kühe!!!!) Organisationen.

Der Konzern entschuldigte sich bei den Betroffenen, verwies aber im übrigen darauf, nicht gegen US-Gesetze verstoßen zu haben (in Indien serviert McDonald's keine Produkte aus Rindfleisch). Und jetzt wird sich Ronald McDonald gelassen zurücklehnen und zusehen, wer gewinnt: die Überzeugung - oder doch der Geschmack, den seine Ingenieure aus der Kuh gepresst haben.