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Die fröhlichste Nation der Welt

3. Dezember 2003

Sie lächeln ihre kleinen und großen Besitzer an – und die lächeln zurück. Über 1,7 Milliarden Playmobil-Figuren bevölkern inzwischen die Kinderzimmer der Welt. Dabei begann vor 30 Jahren alles mit einer großen Krise.

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Neuheiten sollen Mädchen für Playmobil begeisternBild: dpa zb

Mit über 1,7 Milliarden Staatsbürgern wäre es vor China die größte Nation der Welt. Und die fröhlichste. Wenn sie echt wäre. Doch die ewig lächelnden, 7,5 Zentimeter kleinen Playmobil-Figuren aus Zirndorf in der Nähe von Nürnberg bilden "nur" eine riesengroße Spielzeugnation. Aber auch die würde, mit ausgestreckten Armen hintereinander gestellt, einen doppelten Gürtel um die Erde legen.

Von der Ölkrise zum Spielzeugboom

Ihr Urvater ist Horst Brandstätter. Der machte Anfang der 1970er-Jahre aus der Ölkrise einen Spielzeugboom. Weil die Preise für Öl und damit auch für Kunststoff stark gestiegen waren, wurden die bisherigen Produkte seiner Spielwarenfabrik zu teuer. Statt relativ großer, fahrbarer Plastiktraktoren musste etwas ziemlich kleines her: Playmobil. An den Mini-Männern und Frauen ist eigentlich nur eines groß: der Kopf. Das haben sich die Entwickler bei Kinderzeichnungen abgeschaut. Das Gesicht besteht aus nur drei Teilen: zwei runden Kulleraugen und einem Dauerlächeln. Das ist auch heute noch so. Der anfangs eher klobige Körper mit beweglichen Armen und Beinen und zwei Greifhänden wurde allerdings weiter entwickelt. Die Hände lassen sich inzwischen drehen und Playmobil-Frauen dürfen statt zu kurz geratenem Minirock auch mal Hosen tragen.

Ritter, Bauarbeiter und Indianer waren die ersten Männchen, die vor 30 Jahren aus den Spritzgussmaschinen marschierten. Inzwischen gibt es fast 600 verschiedene Figuren aus den unterschiedlichsten Themengebieten: Die Arche Noah, Wikinger, Stewardessen. Bauern, Priester, Könige. Schwarze, weiße, rote Gesichter. Die Playmobil-Nation lebt in der biblischen Urzeit und in der Informationsgesellschaft von heute, sie umfasst alle gesellschaftlichen Klassen und ist multikulturell.

Eine Fantasie-Welt für Kinder und Erwachsene

Für Playmobil-Sprecherin Gisela Kupiak liegt das Erfolgsgeheimnis von Playmobil in der einfachen Ausgestaltung der Figuren. Das rege die Fantasie der Kinder an und ermögliche ihnen, ihre Träume zu leben. Vor allem Jungen sind von der eher auf Abenteuer und Technik ausgerichteten Welt begeistert. Ihr Kundenanteil liegt bei siebzig Prozent.

Dass auch Erwachsene noch mit Playmobil träumen können, zeigt eine aktuelle Ausstellung im historischen Museum in Speyer. Zum 30. Geburtstag von Playmobil zeigen dort auch Sammler ihre Schätze. Der 31-jährige Oliver Deeg hat eine knapp drei Meter hohe Fantasie-Ritterburg im Stil des "Herrn der Ringe" gebaut, die 36-jährige Daniela Schabenstiel eine Mini-Oper mit Balkonen, Garderoben und Kronleuchtern. Und Martin Cierjaks hat mit seinen 5200 Figuren die Kriege der Barockzeit nachgespielt. Vize-Museumsdirektor Wolfgang Leitmeyer ist von der Anschaulichkeit der Mini-Welten begeistert: "Die Szenarien können die Welt- und Kulturgeschichte erzählen und für Kinder interpretieren. Das regt zum Eingreifen und gedanklichen Fortspielen der Handlung an."

Die Beliebtheit von Playmobil spiegelt sich übrigens auch im Internet wieder. Beim deutschen Ableger des Internet-Auktionators Ebay finden sich über 20.000 Einträge. Die Gebote liegen teilweise bei 250 Euro und mehr. Und darüber freut sich dann nicht nur das Playmobil-Männchen... (hü)