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Ostermärsche in Deutschland gegen Atomkraft

25. April 2011

Alljährlich veranstaltet die Friedensbewegung in Deutschland Ostermärsche. Während sich vor 30 Jahren noch Hunderttausende versammelten, sind es mittlerweile nur noch einige tausend - trotz Kriegen und Atomkatastrophe.

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Ostermarsch 2011 in Hamburg (Foto: DW/Kathrin Erdmann)
Bild: DW

Regenbogenfahnen in der Luft und gelb-rote Anti-Atomkraftbuttons: Auch in Hamburg gingen an diesem Oster-Wochenende besorgte Bürger auf die Straße, um sich für Frieden und ein Ende der Kernkraft stark zu machen.

Einer der etwa 750 Demonstranten in Hamburg ist Wolfgang Kirstein. Der inzwischen 72-Jährige mit grauer Weste und langem weißen Bart ist ein Kämpfer der ersten Stunde. Seit Anfang der 60er Jahre läuft Kirstein auf den Ostermärschen in der Hansestadt mit: "Es gab schon Zeiten, da waren wir 50.000 auf dem Rathausmarkt", erzählt er fast ein wenig wehmütig.

Mehr grau als blond

Ostermarsch 2011 in Hamburg (Foto: DW)
Hamburger OstermarschiererBild: DW

Tatsächlich sind viele der Demonstranten schon ergraut. Die 15-jährige Maria ist eine der ganz wenigen jungen Teilnehmer. Sie will sich vor allem für den Frieden einsetzen. "Doch viele Leute meines Alters interessiert das überhaupt nicht, die gehen lieber shoppen. Aber es ist auch kein Thema in der Schule und wird offensichtlich auch zu Hause nicht thematisiert", sagt sie und schwenkt weiter ihre Friedensfahne.

Die 62-jährige Anita Friedetzky geht seit Jahren ohne ihre Töchter zum Ostermarsch: "Die denken, man kann mit Demonstrationen nicht mehr viel erreichen und deshalb gehen sie gar nicht erst mit." Eine Ansicht, die sie nicht teilt. Friedetzky ist überzeugt: Demonstrationen - und gerade die Ostermärsche - hätten immer noch eine Signalwirkung.

Skepsis an deutscher Politik

Demonstrant mit T-Shirt 'ausgestrahlt' (Foto: DW)
Ein Motto nicht nur in Hamburg 2011Bild: DW

Dass sich dadurch jedoch etwas Grundlegendes an der Politik ändert, glaubt auch sie nicht. Gerade mit Blick auf die Debatte über einen Ausstieg aus der Atomenergie würden sich im Endeffekt doch vermutlich die Lobbyisten durchsetzen und damit die Wirtschaft. Ähnliche Zweifel hat ein junger Student. Anti-Atompolitik und eine schwarz-gelbe Regierung, das passe nicht zusammen. Erst wenn Europa einen Super GAU erlebt, werde die Politik aufwachen, befürchtet auch der Arzt Manfred Lotze. Er ist Mitglied in dem Verein "Internationale Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges". Mit einer solchen Technik Menschen zu belasten, heute und in zig Generationen, hält Lotze für unverantwortlich.

Klare Kante in der Außenpolitik

Zweiter Schwerpunkt der Ostermärsche ist, wie in den Jahren zuvor, ein Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Statt im Krieg mitzumischen, solle sich Deutschland aus den internationalen Konflikten heraushalten. In Afghanistan sei Krieg und das deutsche Engagement keine Friedensmission, sagen mehrere Teilnehmer übereinstimmend. "Wir müssen endlich lernen, die Länder sich selbst zu überlassen und das sie selbst ihre Konflikte lösen," sagt eine Demonstrantin und warnt vor einer deutschen Beteiligung in Libyen. Viele Hamburger Ostermaschierer vermuten ohnehin nur ein wirtschaftliches Interesse hinter dem deutschen Engagement in den Krisenherden dieser Welt.

Demonstration mit langer Tradition

Ursprünglich gehen die Ostermärsche auf ähnliche Aktionen britischer Atomgegner in den 1950er Jahren zurück. In Deutschland gingen 1960 erstmals Menschen auf die Straße. Ihren Anfang nahm die Bewegung damals in Hamburg, sie stand dort im Zeichen der Friedensbewegung.

Einen Höhepunkt erlebten die Märsche Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, als Hunderttausende in ganz Deutschland gegen den so genannten NATO-Doppelbeschluss und die damit verbundene Stationierung von Raketen in Deutschland auf die Straße gingen. Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zerfall des Ostblocks, erlahmte auch die Friedensbewegung, die bis dahin die Märsche getragen hatte.

Autorin: Kathrin Erdmann
Redaktion: Hartmut Lüning