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Schokolade schick

Güther Birkenstock26. Dezember 2007

Nähren, versöhnen, belohnen, trösten – Schokolade kann (fast) alles. Ihre Geschichte geht zurück bis zu Mayas und Azteken. Heute liegen exotische Zutaten wie Chili im Trend.

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Viele Schokoladentafeln auf einem Haufen (Foto: AP)
Jeder Deutsche verzehrt rund neun Kilogramm Schokolade pro Jahr - nur Iren und Schweizer naschen mehrBild: AP

Die europäische Geschichte der Schokolade fängt – wie so viele andere - mit Gewalt und Eroberung an. Nicht mit Christoph Kolumbus, der war zu unaufmerksam, um zu bemerken, wie die Ureinwohner Mittelamerikas immer wieder Kakaobohnen vom Boden auflasen, um sie später gegen Nahrungsmittel einzutauschen. Erst der Spanier Hernando Cortez brachte so um 1528 die Bohnen, aus denen man Kakao machen konnte, nach Europa und erkannte den Wert, den sie in ihrer Heimat besaßen.

Bild: DW-TV
Schokolade ist heute Massenware - früher wurde sie nur am Adelshof serviert

"In der Zeit vor der Eroberung durch Cortez war Kakao Zahlungsmittel. Es gab Steuertabellen, wo Gegenwerte aufgelistet wurden", erklärt Thomas Hoppe, Kunsthistoriker vom Schokoladen-Informationszentrum in Leverkusen. Schokolade sei aber auch Heilmittel gewesen. Man habe die Kakaobutter abgepresst und beispielsweise bei Wundentzündungen verwendet. Und es war ein sehr nahrhaftes Genussmittel, sagt Hoppe: "Da konnte man es wirklich lange im Urwald aushalten."

Schokolade erst nur an den Adelshöfen

In Europa landete die erste große Ladung Kakao um 1580, weiß Andrea Durri vom Schokoladenmuseum in Köln: "Im 17. Jahrhundert gelangte das Ganze vom französischen Adelshof ausgehend über Österreich nach Spanien und England.

Man musste erstmal Kakao anbauen, man musste den Weg von Mittelamerika nach Europa überbrücken. Das dauerte. Von Schokolade, wie wir sie kennen und Pralinen war man im 17. und 18. Jahrhundert allerdings noch weit entfernt. – Schokolade war lange Zeit ein Getränk für festliche Anlässe an Adelshöfen. Im 19. Jahrhundert setzte Schokolade zu ihrem Siegeszug an. Nicht nur, weil die beginnende Industrialisierung die Handarbeit ablöste und die Kakaopreise sanken oder weil nun auch außerhalb von Mittelamerika, in Afrika und Asien Kakao produziert wurde - wie immer waren es Idealisten und der Hauch Zufall, um den Durchbruch zu bewirken.

Zart schmelzende Schokolade aus Zufall entdeckt

Ein wichtiger Schritt geschah im Jahr 1879 durch Konditor Rudolf Lindt, der die "Conche", ein Rührwerk zur Schokoladenherstellung erfunden hat. "Man sagt, dass er einen Längsreiber hatte, mit der er die Schokolade rührte", sagt Andrea Durri vom Schokoladenmuseum in Köln. "Den soll er mal über ein Wochenende vergessen haben, weil er auf einem Jagdabenteuer war oder mit seiner Geliebten unterwegs war." Als er montags wiedergekommen sei habe er wunderbar zart schmelzende Schokolade vorgefunden, die durch dieses lange Rühren bei einer hohen Temperatur entstanden sei.

Pfefferplanze auf Sri-Lanke (Bild: Unbekannt)
Manche mögen's scharf: Schokolade mit PfefferBild: Reategui

Der jüngste Trend ist exotisch und bitter und nach Meinung von Kunsthistoriker Thomas Hoppe dem Kino zu verdanken. Der Erfolgsfilm "Chocolat" aus dem Jahr 2000 mit Juliette Binoche und Johnny Depp erzählt die märchenhafte Geschichte einer jungen Frau, die 1959 mit ihrer neu eröffneten Chocolaterie ein kleines französisches Dorf durcheinander wirbelt und bei allen Einwohnern geheime Sehnsüchte weckt.

Pfeffer, Annanas und Biobier

Jede Menge ungewöhnliche Schokoladenspezialitäten hat auch Sina Mundorf in ihrem Schoko-Laden in der Kölner Innenstadt zu bieten, zum Beispiel mit Walnuss und Tonka-Bohne und aphrodisierender Wirkung. "Es gibt einmal sehr viel mit Pfeffer, mit Chili und Ananasl, oder mit Süßkartoffel und Bio-Bier, mit Brombeere mit Rosenblättern, mit Veilchen und der größte Renner ist im Augenblick Chili-Schokolade." 360 Sorten führt der frisch eröffnete Laden. Bittere Schokolade mit besonderer Herkunft und edlen Zutaten steht für erhabenen Genuss und kultivierten Geschmack.

Schokoladenmenü mit passendem Wein

Schokolade als Statussymbol ist noch zu steigern, wenn man sie etwa mit Wein kombiniert. Seminare, die das zelebrieren, haben Hochkonjunktur. Zoraida Dreesbach, Sommèliere, also geschulte Weinkellnerin, im Kölner Spitzenlokal "Graugans" kennt sich aus. Nachdem es in den letzten Jahren vor allem um exklusive Desserts ging, suchen Köche und Kellermeister jetzt die Harmonie auf einem neuen Feld: "Dann haben wir die Idee, jetzt 2008 ein Schokoladenmenü zu machen, sprich, Sechs-Gänge Menü von Vorspeise, Suppe, Fisch, Hauptgang, Käse und Dessert, noch ein Schokolade-Sorbet dazwischen und das ganze mit Wein zu kombinieren."

Mit Trüffel und Blattgold

Damit ist Sommèliere Dreesbach nicht allein, sondern voll im Trend. Hans-Werner Fassbenders Laden ist eine der ersten Adresse für Pralinen und Schoko-Trüffel im Köln-Bonner Raum. Seine Spezialität sind feinste Pralinen und Schokoladentrüffel: "Wenn sie nach Paris gehen, zahlen sie für einen Kilo von diesen Trüffeln zwischen 80 und 120 Euro, je nach Geschäftslage. Hier haben sie ein Publikum, das bereit ist zwischen 50 und 60 Euro zu bezahlen."

Teurer wird es, wenn die Pralinen auch noch mit Blattgold verziert werden. Das wirkt sich allerdings nur auf den Preis aus, nicht auf den Geschmack. Die Spezialisten in der Schokobranche jedenfalls, tüfteln weiter, um die Liebhaber mit neuen Köstlichkeiten zu überraschen.